piwik no script img

Beamte sollen 40 Stunden arbeiten

■ Wo für das 144 Mio-Loch im Bremer Haushalt 1996 gespart wird / Staatsräte beraten heute

Noch vor den Sommerferien will der Bremer Senat den Haushalt für 1996 in der Bremer Bürgerschaft zur Debatte stellen, nur welchen, das ist die Frage. Für die Folgen des Vulkan-Konkurses ist bisher keine Mark in den Haushaltssentwürfen eingeplant, und gesetzt den Fall, die ÖTV erkämpft eine Lohnerhöhung für den Öffentlichen Dienst, dann findet sich dafür auch keine Mark im bisherigen Haushaltsplan. Zusätzliche Kosten, so erklärt Regierungssprecher Thomas Diehl die Position des Finanzsenators, müssen die Ressorts innerhalb ihres Personalkosten-Budgets finanzieren, d.h. durch weitere Stellenstreichungen. Das Konzept, durch einen bremischen „Solidarpakt“ unabhängig von den bundesweiten Tarifverhandlungen eine „Nullrunde“ zu erreichen, ist „ein Vorschlag der Senatskanzlei“, unterstreicht Diehl – d.h. keine Idee des Finanzsenators. Der hat jetzt einen Beschlußvorschlag auf den Tisch gelegt, der geeignet ist, alle Verhandlungen mit der ÖTV zu beenden: Für die Beamten soll per Gesetz die 40 Stunden-Woche wieder eingeführt werden.

Die ÖTV-Spitze, die gestern nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen auf dem Rückweg von Stuttgart nach Bremen war, wird diesen Vorschlag heute aus der Zeitung erfahren. Der Gesamtpersonalrat war gestern schon hell entsetzt: „Das wird den Betriebsfrieden erheblich stören“, meinte GPR-Vertreter Jürgen Schmidt. Bis hinunter zu den Sozialarbeitern gibt es inzwischen Beamte, die die gleiche Aufgabe erledigen wie Angestellte. Nur daß die einen dann zweieinhalb Stunden mehr arbeiten dürfen. Sinn der 40-Stunden-Woche könne es zudem nur sein, Neueinstellungen zu vermeiden, meint der GPR-Mann verständnislos mit Blick auf die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt.

Mehr noch als der drohende Tarifkampf belastet das konjunkturell bedingte Loch bei den Steuereinnahmen die Bremer Haushälter: 144,6 Millionen Mark werden 1996 fehlen. Das wußte der Finanzsenator zwar schon vor Wochen, offiziell ist es aber erst seit einigen Tagen. Für die Korrektur hat das Finanzressort ein hohes Ziel gesetzt: Keine Neuverschuldung soll es geben, das nämlich würde für die Nachschlags-Verhandlungen um die Sanierungs-Hilfe in Bonn im Jahre 1997 ein schlechtes Bild machen. Glatte 50 Millionen sollen, so der Vorschlag des Finanzsenators, bei dem „Stadtreparaturfonds“ gestrichen werden, mit dem die Koalition ursprünglich einmal sichtbare Zeichen ihrer erfolgreichen Politik setzen wollte. 65 Millionen sollen mit dem Rasenmäher quer durch alle Haushaltsposten gespart werden, die „Notbewirtschaftung“ aus der haushaltslosen Zeit soll einfach fortgesetzt werden. Um 10 Millionen will der Finanzsenator die Zuschüsse für die BSAG kürzen. Ob das nur zu Tariferhöhungen führen soll oder ob auch an Stillegung weniger genutzter Linien gedacht ist, wollte der Senatssprecher gestern nicht erläutern. Das Thema müsse erst „mit den Betroffenen“, der BSAG, beredet werden.

Für den Haushaltsteil 1997 in dem geplanten Doppelhaushalt will sich der Senat noch keine Gedanken machen - in weiser Voraussicht. Denn dann werden die Folgen des Vulkan-Konkurses richtig zu Buche schlagen. Im Herbst wird man auch erst übersehen können, welche Wirkungen auf 1997 die für 1996 in Angriff genommenen Kürzungen haben. Neben der Erhöhung der Beamten-Arbeitszeit (auf 40 Stunden) will der Senat am 4. Juni die erneute Erhöhung der Grundsteuer (auf 530 Punkte) beschließen. Einziger strittiger Punkt: die Anhebung der Gewerbesteuer (um 20 Punkte). Hier ist der Finanzsenator dagegen, „aus standortpolitischen Gründen“, wie sein Sprecher erläutert. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen