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Vertrag, der nicht zur Arbeit ermuntert

■ Grüne und AfB gegen Ocean-Park-Strategie in Bremerhaven

Helmut Kuhlmann, Chef der Wählerinitiative Arbeit für Bremen (AfB), kann nachts nicht mehr schlafen. Seitdem die Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung jetzt mit den Stimmen der Großen Koalition den Wiesbadener Unternehmer Jürg Köllmann mit der Entwicklung eines neuen Konzeptes für den Ocean-Park beauftragt hat, wird Kuhlmann das „ungute Gefühl“ nicht los, daß „Bremerhaven wieder mal Gefahr läuft draufzuzahlen“. Wie berichtet, sind die Ocean-Park-Pläne des amerikanischen Architekten Peter Chermayeff an den Kosten und den fehlenden Investoren gescheitert. Jetzt soll sich die Köllmann GmbH, die auch an der Planung des Bremer Space-Parks beteiligt ist, Gedanken über die Nutzung des etwa 60 Hektar großen Geländes machen. Die zwischenzeitlich mit Köllmann ausgehandelten Vertragsbedingungen sorgen allerdings nicht nur bei der AfB für Unmut. Auch die SPD hatte beim Lesen des Vertrages Bauchschmerzen bekommen, beugte sich aber schließlich dem Willen des Koalitionspartners. „Man muß nur mit den Scheinen wedeln, dann kommt schon jemand, der sie abholt“, ärgert sich auch Christian Scherzer, Fraktionsvorsitzender der Grünen über die „blauäugigen“ Konditionen, die der Magistrat mit Köllmann ausgehandelt hat:

Köllmann und die Stadt Bremerhaven haben inzwischen die „Ocean-Park Entwicklungsgesellschaft Bremerhaven mbH“ gegründet. Das Stammkapital von 200.000 Mark wird geteilt. Darüber hinaus werden zwei Millionen Mark von Stadt und Land aufs Konto der Gesellschaft überwiesen. Köllmann soll ebenfalls zwei Millionen Mark einbringen – und zwar in Form von Arbeitsleistung. Bis Ende 96 will Köllmann ein neues Konzept erarbeiten. Auch ein Aquarium ist geplant – mehr wird im Vertrag nicht verraten.

Sollten Köllmanns Ocean-Park -Pläne – wie immer sie auch aussehen mögen – nicht umgesetzt werden, bekommt der Unternehmer seine zwei Millionen Mark zurück und ein „Schmerzensgeld“ von 250.000 Mark – so will es der Vertrag. „Ich will Herrn Köllmann nicht unterstellen, daß er nicht arbeiten will“, sagt Kuhlmann. „Aber der Vertrag ermuntert ihn nicht gerade dazu. Der macht sein Geschäft so oder so – auch wenn das Konzept durchfällt.“

Das sieht auch Christian Scherzer so: „Wenn Köllmann schlecht gearbeitet hat, muß ihm die Stadt seinen Gesellschaftsanteil abkaufen, und er bekommt seine zwei Millionen Mark zurück. Unverzinst. Wenn er so schlecht gearbeitet hat, daß die Bremerhavener Gesellschaft es sogar ablehnt, seinen Entwurf den Stadtverordneten vorzulegen, bekommt er noch eine zusätzliche Belohnung in Form von Zinsen und einem Extra von 250.000 Mark. In beiden Fällen hätte dann die Stadt unterm Strich vier Millionen Mark bezahlt und nichts dafür bekommen – außer einen Plan, der sich nicht verwirklichen läßt. Köllmann hätte dagegen vier Millionen Mark bekommen – und dafür einen Plan geliefert, der nicht zu realisieren ist. Das Risiko liegt zu 100 Prozent bei der öffentlichen Hand. Kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Wird der Ocean-Park a la Köllmann allerdings doch gebaut, darf der Unternehmer sich die Gewinne alleine in die Tasche stecken – auch das ist ihm vertraglich zugesichert worden. „Bremerhaven hätte eigentlich höllisch aufpassen müssen, nicht von cleveren Geschäftsleuten über den Tisch gezogen zu werden“, sagt Kuhlmann. „Aber jetzt, wo der Vertrag unterschrieben ist, können wir nur noch hoffen, daß alles glattgeht.“ kes

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