Ein Ausflug nach Ffm Von Susanne Fischer

Neulich wollte ich mich mal richtig amüsieren. Also stieg ich in den Zug nach Berlin. Da fuhr der Zug aber unvorhersehbarerweise falsch durch eine Weiche und nach Frankfurt am Main, wo ich unabsichtlich ausstieg. Schon traf ich Herrn Roth, der versehentlich in Frankfurt wohnt. „Was machst du denn hier?“ fragte ich, originell wie immer. Herr Roth gestand, er habe nach Berlin auswandern wollen, dabei jedoch ohne Absicht die Richtung verfehlt. „Dann können wir ja auch Kaffee trinken gehen“, sagte ich, logisch wie immer. Herr Roth antwortete, ihm sei mehr nach Aspirin zumute. Als ich ihn interessiert von der Seite ansah, murmelte er zusammenhangloses Zeug über die Unbill der vorangegangenen Nacht. Angeblich war er mit Ulli Potofskis Kugelschreiber im Fernsehen aufgetreten, wofür ihn im nachhinein stechende Kopfschmerzen zu bestrafen schienen. Wir gingen in ein mondänes Café mit sehr schicken Besuchern, in dem wir aber leider nichts bestellen durften, weil die Bedienung sonst einen Nervenzusammenbruch erlitten hätte. Deshalb fuhren wir dann lieber mit dem Auto im Kreis um Frankfurt herum. Andere, weniger schicke Frankfurter taten das auch, und es scheint eines der wenigen Dinge zu sein, die die Frankfurter einigermaßen ordentlich hinkriegen. Weil Herr Roth, der chauffierte, nicht in der Lage ist, Fußgänger zu erkennen, auch wenn sie schon in seiner Nähe sind, gewann unser Ausflug schnell an Charme und Spannung. Als ich mich allmählich fragte, ob aus dem Tag noch irgend etwas werden sollte, entschlossen wir uns, geschlossene Wirtschaften aufzusuchen. Das funktionierte nicht, so oft wir es auch probierten. Wir nahmen uns schließlich eine geöffnete Wirtschaft vor, und siehe da, es war gar nicht so schwer. Weil der Wirt jeden erschoß, der nichts essen wollte, orderten wir schnell eine Pizza Walther PPK. Dies sei in Frankfurter Speisegaststätten üblich, wußte Herr Roth. Da Herr Roth Autor ist, muß man ihm andauernd etwas aus dem Leben erzählen. Er wünschte, etwas über die Frauenfrage und den ganzen Schwindel zu hören, es solle aber auf jeden Fall spannend sein. So sprach ich lange darüber, daß Hemdenbügeln Freude ins Leben bringt, während Herr Roth den Kopf auf die Tischplatte legte, um konzentrierter zuhören zu können. Für mich ein guter Zeitpunkt, um zu gehen, nur wußte ich nicht, wie ich ohne die Hilfe von Herrn Roth jemals wieder aus Frankfurt herausfinden sollte, und bleiben wollte ich auf gar keinen Fall. Nachdem ich Herrn Roth lange genug geschüttelt hatte, verlangte er vier Aspirin von mir für den entscheidenden Tip. Da es Herrn Roth aber selbst noch nicht gelungen war, aus Frankfurt herauszufinden, konnte ich meine Tabletten ohne weiteres für mich behalten. Außerdem hatte ich gar keine dabei, was aber Herr Roth nicht wissen durfte, weil er mich sonst gar nicht mehr ernst genommen hätte. Mit weiblicher Intuition lotste ich ihn schließlich zur Apotheke am Bahnhof und sprang beiläufig in den Zug nach Berlin. Ich winkte Herrn Roth, der für heute genug erlebte hatte, noch einmal herzlich zu und betete mit geschlossenen Augen um eine glücklich Ankunft, bis mich jemand fragte, ob das hier wirklich Ludwigshafen-Hauptbahnhof sei. Da ahnte ich, daß es mit dem Reisen für mich noch einmal böse ausgehen wird.