piwik no script img

Revolutionärer Computerchip

■ Texas Instruments will ab nächstem Jahr einige Science-fiction-Erfindungen wahr machen und die Elektronikbranche aufrollen. Ein neuer Chip soll so leistungsstark wie 20 bisherige PCs sein

Berlin (taz/dpa) – Der Personalcomputer in der Armbanduhr, Geldautomaten, die das Gesicht der Kontoinhaber erkennen, und noch vieles mehr: all das soll aus dem Reich der Science fiction in die Wirklichkeit treten, glauben die Marketingstrategen des amerikanischen Elektronikriesen Texas Instruments (TI) aus Dallas.

Möglich macht das eine neue Technologie zur Herstellung von Computerchips, für die die Texaner das Patent halten, wie sie am Dienstag nacht über Presse und Internet verbreiteten. Der neue Chip von der Größe eines Fingernagels vereint nach Angaben des Unternehmens die Leistungsstärke von 20 Personalcomputern. Laut TI ist es möglich, 125 Millionen Transistoren auf einem einzigen Baustein zu plazieren. Ein menschliches Haar ist etwa 600 mal dicker als ein solcher Transistor mit seiner Dicke von 0,18 Millionstel Meter. Bisherige High-Tech-Produkte wie Intels Pentium bringen es auf fünf bis sieben Millionen der kleinen Schalter.

Damit ist künftig auf einem Chip Platz für den Datenspeicher, eine kolossale Rechenelektronik und mehr, was die Zahl der Halbleiterbausteine in den Produkten um 90 Prozent verringern soll. Durch die künftig schnelleren PCs rücken rechenaufwendige und damit teure Anwendungen wie das Erkennen menschlicher Gesichter und der Sprache in einen für kommerzielle Anwendungen bezahlbaren Bereich.

Außerdem bedeuten weniger Bauteile und wesentlich reduzierte Datenleitungen zwischen den einzelnen Schritten der Datenverarbeitung in einem Computer auch größere Schnelligkeit und geringeren Stromverbrauch – wichtig für alle Arten von tragbaren Geräten.

Nach Ansicht amerikanischer Branchenkenner hat TI einen Vorsprung von rund zwei Jahren vor der Konkurrenz – bei den heutigen Produktzyklen sind das bis zu vier Generationen von Modellen – Zeit genug, eine Massenwanderung von Kunden auszulösen. Das will die Firma ausnutzen, um bisherigen Branchenriesen wie Intel oder den Speicherchipherstellern aus Südkorea sowie Siemens Marktanteile abzunehmen. Eine Fabrik für die neuen Hochleistungschips wird derzeit für 2 Milliarden Dollar in Dallas gebaut. 1997 sollen die neuen Siliziumwunder auf den Markt kommen.

Die Ankündigung der neuen Technologie hat den Aktienkurs von TI schon am ersten Tag um acht Prozent in die Höhe getrieben. Bleibt abzuwarten, was der bisherigen Marktbeherrscherin bei PCs, der US-Firma Intel, als Antwort einfällt. Schließlich hat die in ihren milliardenteuren Forschungslabors auch noch einiges in der Mache. rem

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen