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Aufräumen nach dem Aufstand

■ In der Zentralafrikanischen Republik beginnen Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung. Das von Frankreich ausgehandelte Ende der Soldatenrevolte schwächt den gewählten Präsidenten

Berlin (taz) – In der Zentralafrikanischen Republik sollten gestern Verhandlungen zwischen der Regierung von Präsident Ange- Felix Patassé und den politischen Oppositionsparteien beginnen. Damit soll nach dem Ende der Militärrevolte ein neuer politischer Konsens gefunden werden. Patassé hatte die Gespräche über die Bildung einer „Regierung der Nationalen Einheit“ am Pfingstwochenende angeboten – Teil eines Verhandlungspakets, mit dem die am 18. Mai ausgebrochene Rebellion von Teilen der Armee beendet worden war.

Die Meuterer hatten anfangs lediglich gegen die Nichtzahlung ihres Soldes und die angebliche Nichteinhaltung von früheren Versprechungen der Regierung protestiert. Später forderten sie jedoch einen kompletten Machtwechsel, und nur eine energische Intervention französischer Truppen hielt Präsident Patassé im Amt.

Nachdem die Franzosen die Meuterer mit Gewalt vom Putsch abgehalten hatten, setzten sie sich mit ihnen an den Verhandlungstisch und erreichten das Ende des Aufstands. Die meuternden Soldaten schlossen ein Abkommen mit dem französischen Armeekommandanten, General Bernard Thorette, demzufolge sie die von ihnen gefangengenommenen Politiker freilassen und im Gegenzug ihre Waffen behalten sollten. Zugleich machte Patassé, dem gar keine andere Wahl mehr blieb, sein Angebot von Verhandlungen und Regierungsumbildung; außerdem versprach er den Rebellen eine Amnestie.

Patassé war 1993 zum Präsidenten gewählt worden und kann somit demokratische Legitimität beanspruchen. Jetzt muß er sich darauf vorbereiten, die Macht mit den Wahlverlierern von damals zu teilen. Gewinner der Krise sind in erster Linie nicht die unzufriedenen Soldaten, sondern die Oppositionspolitiker des Landes, die mit der Meuterei gar nichts zu tun hatten und während des Aufstandes und der französischen Militärintervention samt und sonders zu Hause blieben. Ihr einziger gemeinsamer Nenner besteht darin, die Wahlen von 1993 verloren zu haben und nun trotzdem an die Macht zu wollen.

Die sieben wichtigsten Oppositionsparteien haben sich im Dachverband „Codepo“ unter Leitung von Joseph Bendouga zusammengeschlossen und nennen Patassé einen „Diktator“, der, so Codepo- Chef Joseph Bendouga, „jegliche Legimitität verloren“ habe. Der Dachverband fordert aber nicht etwa Neuwahlen, sondern vor allem das Recht, in einer zukünftigen „Regierung der Nationalen Einheit“ den Premierminister stellen zu dürfen.

Mit Demokratie hat all das wenig zu tun. Doch angesichts der Alternative eines Militärputsches und eines nachfolgenden Bürgerkrieges ist der Versuch eines politischen Kompromisses wohl attraktiver. Die Bewohner der Zentralafrikanischen Republik jedenfalls atmen auf: Die Rückkehr der Meuterer in ihre Kasernen hat dazu geführt, daß das normale Leben in der Hauptstadt Bangui wieder in Gang gekommen ist. Zufrieden sein kann auch Frankreich, das sich in den Pfingstabkommen das Recht auserkoren hat, während der politischen Gespräche für die Wahrung der „Sicherheit“ verantwortlich zu sein und damit die Macht der Gewehrläufe fest in den eigenen Händen zu behalten. D. J.

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