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Bangkok als „Detroit des Ostens“

Pech für die Philippinen: General Motors will Ostasien mit Opel-Modellen nun doch von Thailand aus erobern. In der Region sollen bald so viele Neuwagen rollen wie in den USA  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Thailands von Skandalen geschüttelte Regierung fand gestern endlich wieder einen Grund zum Lachen: Sie gab bekannt, daß der amerikanische Automobilkonzern General Motors sein geplantes Fahrzeugwerk nicht auf den Philippinen, sondern in Thailand bauen wird. 500 Millionen – möglicherweise auch bis zu einer Milliarde – Dollar will das Unternehmen investieren. Mit dem Bau der Fabrik im Osten des Landes könne sofort begonnen werden. Etwa ab 1998 sollen dann jährlich 80 bis 100.000 Opel Astra für die Region vom Band rollen.

Damit kommt Thailand dem verkündeten Ziel seiner Wirtschaftspolitiker, spätestens zur Jahrtausendwende jährlich eine Million Fahrzeuge zu produzieren, einen großen Schritt näher. 1995 waren es noch 520.000, gut ein Drittel davon robuste Pickup- Transporter für die schlechten Straßen der Region.

Obwohl sie täglich die Folgen des Verkehrschaos in den Straßen Bangkoks erleben können, wo täglich rund 500 neue Wagen zugelassen werden, ist das Verhältnis der thailändischen Wirtschaftspolitiker zum Auto ungebrochen. Mehr Autos und mehr Straßen stehen bei den Plänen für die Entwicklung der Infrastruktur im Vordergrund.

Thailand, das mit einem Wirtschaftwachstum von rund acht Prozent jährlich zu den aufstrebenden Staaten Südostasiens gezählt wird, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem regionalen Zentrum der Kfz-Produktion entwickelt. Anders als beim Nachbarn Malaysia, das seit 1985 mit Hilfe von Mitsubishi den „Proton“ baut und dabei heftig subventioniert, entschieden sich die thailändischen Wirtschaftspolitiker gegen die Förderung eines eigenen, nationalen Autos. Statt dessen boten sie den großen internationalen Autoproduzenten günstige Investitionsbedingungen. So sind bis heute 17 der führenden Autohersteller der Welt in Thailand vertreten. 350 Betriebe liefern Zubehör. Begeistert schreiben Kommentatoren deshalb von Bangkok als dem „Detroit des Ostens“.

All diese Voraussetzungen konnten die Philippinen General Motors nicht bieten, auch wenn ihre Vertreter nichts unversucht ließen, das Werk zu sich zu holen. Sie boten unter anderem ein voll erschlossenes Betriebsgelände, fünf Jahre lang mietfrei, acht Jahre Steuerfreiheit und zollfreie Einfuhr der Produktionskomponenten. General Motors jedoch entschloß sich, dorthin zu gehen, wo schon die anderen sind. Auch Ford hat gerade 200 Millionen Dollar in ein Werk in Thailand investiert, Chrysler baut hier seit 1994 Cherokee-Jeeps.

Die internationalen Autokonzerne rechnen damit, daß der ost- und südostasiatische Markt bald ebenso viele Autos aufnehmen wird wie die USA heute: 16 Millionen jährlich. Da wollen sie das Feld nicht den japanischen und südkoreanischen Konkurrenten überlassen. Deutsche Firmen produzieren vor allem in China, aber auch in kleinerem Maßstab auf den Philippinen, in Malaysia und Indonesien.

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