: Status quo eingestellt
■ PUA Polizei: Staatsanwalt über das angebliche Scheinhinrichtungsopfer Boateng
„Rundum unglaubwürdig“ sei das angebliche Mißhandlungsopfer Joel Boateng, die behauptete „sexuelle Belästigung und Scheinhinrichtung hat nicht stattgefunden“: So begründete Oberstaatsanwalt Martin Köhnke gestern abend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) Polizei die Einstellung des „Scheinhinrichtungs“-Ermittlungsverfahrens gegen zwei unbekannte Polizeibeamte. Aufgrund zahlreicher Widersprüche in den Aussagen des Ghanaers bestehe „keine Veranlassung, ihm eine Turnhalle, gefüllt mit Polizisten, gegenüberzustellen“. Stattdessen solle jetzt aus dem Ankläger ein Angeklagter werden. Gegen Boateng werde ein Verfahren wegen „Vortäuschung einer Straftat“ und „Falschaussage“ eingeleitet werden.
Während der Untersuchungsausschuß den Oberstaatsanwalt geladen hatte, um darüber zu befinden, ob die Scheinhinrichtungs-Anschuldigungen Gegenstand der Ausschußarbeit werden sollen, stellt Köhnke allerdings die Verfahrenseinstellung inzwischen wieder in Frage. In einem vor wenigen Tagen von ihm an die Ausschußmitglieder verschickten Brief spricht er von einem neuen Hinweis, der möglicherweise „eine Nachprüfung“ oder gar „Wiederaufnahme der Ermittlungen“ erfordere. Was es damit auf sich hat, dazu mochte sich Köhnke gestern allerdings nicht äußern. Der „Status quo des eingestellten Verfahrens“ würde nach wie vor existieren. Auch könne er sich nicht vorstellen, daß der PUA „durch die Befragung von Zeugen“ zu einem „anderen Ergebnis“ komme.
Bei den weiteren Ausführungen des Staatsanwaltes fiel vor allem eine Ungereimheit zum Schlußbericht auf: So wird in diesem Boateng unterstellt, er habe sich als Opfer polizeilicher Übergriffe dargestellt, um seine drohende Abschiebung zu verhindern. Auf Nachfrage bestätigte Köhnke, daß er „ziemlich sicher“ sei, daß Boateng zum damaligen Zeitpunkt mangels Ausweispapieren gar „nicht hätte ausgewiesen werden können“.
Marco Carini
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen