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Nur Qualitäts-Obst!

■ „Dacapo“, Bremens rührigster Musikveranstalter, tischt wieder gute Frischkost auf: Japanische Ritterspiele und neudeutsche Alphornklänge / Neue Reihe ab Sonntag

„Lust auf Vitamine?“ schrillt es von den bunten Plakaten, die neuerdings das Stadtbild schmücken. Schon wieder ein Produkt der Fitness-Welle, möchte man meinen; vermutlich Vitaminspritzen oder Designer-Drogen. Gemach: Die Frischkost, für die hier geworben wird, kommt von „Dacapo“. Bremens rührigster Lieferant von Qualitäts-Konzerten meldet sich zurück. Nach halbjähriger Zwangspause – der Eiertanz um die städtischen Subventionen hielt auch „Dacapo“ in Atem – beginnt am Sonntag eine Reihe mit neuer, alter und unerhörter Musik, bei der den Bremern die Ohren und die Herzen aufgehen sollen.

Das Erleben neuer Klänge ist nämlich nach wie vor Porgramm bei „Dacapo“. Und weiter will sich Geschäftsführer Igno Ahmels auch nicht festlegen lassen: „Es geht gar nicht so sehr um ,Neue Musik', sondern eigentlich um fremde Musik“. Um Hörerlebnisse, wie sie im Alltag selten geworden sind.

Eine fremde, stille und sehr konzentrierte Musik steht deshalb auch am Beginn der Sommersaison. Die japanische Musikerin Junko Ueda wird am Samstag (im Überseemuseum) Stücke aus dem altjapanischen Heike-Epos vortragen, einer Ritterdichtung des 12. Jahrhunderts. Ihre Instrumente: die Satsmuma-Biwa, ein Saiteninstrument, und ihre Stimme.

Nicht minder fremd dürfte das Auftauchen von 15 Alphörnern in der Innenstadt wirken – ein „Dacapo“-Happening mit dem Alp-horn-Virtuosen Mike Svoboda. Mit seinem Soloabend für seltsame Blasrohre – vom Didgeridoo bis zum Gartenschlauch – ist Svoboda dem heimischen Publikum ja schon bekannt; am 22.6. kommt er nun mit erheblicher Verstärkung von der Schwäbischen Alb. Ein Naturereignis an Überraschungsorten; abends dann auch im Lichthof des Überseemuseums.

Ein nicht minder spektakuläres Projekt folgt dann in der zweiten Jahreshälfte. Der Pianist Herbert Henck wird in einem sechsteiligen Konzertzyklus „eine Reise durch die neuere Klaviermusik“ unternehmen – von den Anfängen der Zwölftonmusik über Rußland, Armenien, die USA und Frankreich bis nach – Bremen, zu Hans Otte nämlich und dessen Werk „Buch der Klänge“.

„Ich setze jetzt konsequent auf die Inhalte“, sagt Ahmels – kein böses Wort mehr über die SPD-Kulturpolitik. Die Inhalte zu realisieren, ist allerdings wieder ein Stück schwieriger geworden. Mit knapp 200.000 Mark pro Jahr bekommt „Dacapo“ jetzt rund 30 Prozent weniger Subventionen als zuvor. Eine Stelle fiel weg – Ahmels muß den Laden jetzt allein schmeißen und sich ansonsten mit Werkverträgen behelfen. Immerhin: Die angedrohte Halbierung der Zuschüsse wurde abgewendet. Vorerst. Denn auch der jüngste Zuschußbescheid aus der Kulturbehörde ist nur ein vorläufiger. „Das Problem“, sagt Ahmels, „ist gar nicht mehr die Zahl, sondern die Verläßlichkeit der Informationen aus der Behörde.“ tw

Sonntag, 9.6., 20 Uhr: Konzert mit Junko Ueda im Bremer Übersee-Museum

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