: Die Polizei und das Meer
Vom nächsten Frühjahr an sticht das ZDF mit der „Küstenwache“ in See. Mit freundlicher Unterstützung des Bundesgrenzschutzes ■ Von Hans-Hermann Kotte
Sie schossen in Mogadischu und in Bad Kleinen. Sie machen unsere Grenzen dicht für unerwünschte Einwanderer. Und jetzt werden sie auch noch Serienhelden im ZDF: die Jungs vom Bundesgrenzschutz. Genauer gesagt, die vom „BGS zur See“.
„Küstenwache“ heißt die neue Vorabendserie, die das ZDF ab Frühjahr 1997 ausstrahlen will und die derzeit an verschiedenen Schauplätzen rund um die Ostsee gedreht wird. Da kann die Pressekonferenz zur „ersten Klappe“ natürlich nicht irgendwo stattfinden, sondern im Offiziersheim der Bundesmarine in Neustadt/Holstein. Denn wo die Soldaten ihre grauen Schiffe parken, da legen auch die Kähne der „Küstenwache“ an. Seeblick, Uniformen, weiße Mützen und überm Eingang ein geschnitztes Schild: „Seefahrt ist Not“.
Damit auch „der spannende Alltag des Polizeibootes ,Albatros‘“ möglichst realitätsnah rüberkommt, unterstützt der Bundesgrenzschutz großzügig die Dreharbeiten der Berliner Produktionsfirma Opal-Film. Zwecks Imagepflege wurde eine Mannschaft samt Boot zur Verfügung gestellt. Man zahle ein „paar hunderttausend Mark“ an das zuständige Bundesinnenministerium dafür, so Michael von Galen von der Opal-Film.
Zwischen den Kasernengebäuden kommt erstmals die „Albatros“ in Sicht. Nicht gerade ein Flugzeugträger: 39 Meter lang, 7 Meter breit, Besatzung 17 Polizeivollzugsbeamte. „Polizisten in Blau“ – der ZDF-Redaktionsleiter Reihen und Serien, Jan-Richard Schuster, ist recht stolz darauf, daß er schneller war als die ARD. Auch Autor Harald Vock („Die Männer vom K3“), der „schon einen Haufen Serien“ geschrieben hat, war froh, mal nicht auf dem Festland, mal nicht durch Hamburg oder München durch die Gegend zu jagen. Für die See-Soap hat er sich Stories über „Waffen-, Menschen- und Rauschgiftschmuggel, leichtsinnige Segeltörns und Umweltverschmutzung“ ausgedacht. Wobei die Liebe natürlich immer mit an Bord ist. „Jeder läßt an Land Menschen zurück, die ihm viel bedeuten“, weiß der ZDF-Pressetext. „Der harte und lange Einsatz auf dem Küstenwachboot bedeutet oft eine harte Prüfung für Ehe und Freundschaft.“
Alles wie gehabt also am Vorabend. Nur mehr Wasser. Der Kapitän mit Silberhaar raucht Pfeife, die Matrosinnen sehen schnittig aus und dürfen wohl auch mal im Dienstbadeanzug auftreten. Den Drogendealer spielt der fiese Martin Semmelrogge, wer sonst. Den Schiffskoch gibt der dickliche Rainer Basedow, wer sonst. Und damit die diversen Erholungsgebiete am Ostseestrand gut wegkommen, spielen auch ein Rettungsschwimmer und eine Animateurin mit. „Baywatch“ grüßt vom Horizont.
Die Hauptdarsteller Rüdiger Joswig, Julia Bremermann und Lena Lessing halten am Kai für die Presse die Haare in den Wind, Autor Harald Vock erzählt Döntjes über Polizeieinsätze mit Schußwaffe und Kanonen auf Deck. Früher hatten die Schiffe von der Küstenwache nämlich eine. Doch inzwischen sind die Geschosse demontiert worden. Ein bißchen schade sei das schon, schon wegen der Dramaturgie, meint Vock. Apropos Geschütze: Wann kommt eigentlich die Bundeswehr als Vorabendserie?
„Bundeswehr? Nein, das würde mich nicht interessieren“, meint der Redakteur vom ZDF. Auch der Autor lehnt ab: „Eine Bundeswehrserie wird es von mir nicht geben.“ Produzent Michael von Galen ist da schon offener. „Das könnte man ganz schön machen.“ Er erinnere sich da an eine Serie aus den USA, wo interne Ermittler der Militärpolizei auf den prächtigsten Schauplätzen der verschiedenen Waffengattungen unterwegs sind. „Ich würde so eine Serie machen. Fragt sich nur, ob die Redakteure der Sendeanstalten so was wollen. Das sind ja alles 68er – Altlinke.“
In der Pressemappe des ZDF jedenfalls hat die Bundeswehr ihren festen Platz. Und zwar in der Biographie des Schauspielers Rolf Hohmann, der bislang den Sohn der „Familie Heinz Becker“ im Ersten gab und jetzt den „Funker und Waffenwart“ auf der „Albatros“ mimt. Stolz läßt der 27jährige mitteilen, daß er seinen Wehrdienst bei der Marine abgeleistet hat: „Er absolvierte eine sechsmonatige Ausbildung zum Funker und war danach zwölf Monate an Bord eines Zerstörers in Wilhelmshaven stationiert.“
Die Aufgabe der „Küstenwache“ sei es, „auf See Sicherheit zu produzieren“, so drückte es ein BGS-Mann mit vielen Ärmelstreifen bei der Pressekonferenz aus. Sicherheitsproduktion, das gab's in deutschen TV-Serien schon auf Polizeiwachen, Flughäfen, Bahnhöfen. Jetzt kommt eben der Grenzschutz dran. Und es wäre kaum verwunderlich, wenn bald eine Panzerwerkstatt oder ein Feldlazarett ins Bild gerückt würde.
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