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Ungarn, nicht ganz echt

■ Liszt traf Zoltan Kodály beim letzten „Philharmonischen Konzert“ der Saison im Bremer Kongreßzentrum – hinreißend

Putzig, was zwischen der Philharmonischen Gesellschaft und der Stadt Bremen vertraglich vereinbart wurde: Die Stadt ist verpflichtet, das Orchester auf „spielfähigem Niveau“ zu halten. Was auch immer das heißen mag – heute ist es mit Sicherheit so, daß nicht unbedingt Frau Kultursenatorin Kahrs das Orchester dirigiert, aber doch die Behörde entscheidet, in welchen künstlerischen Zustand sie das gebeutelte philharmonische Staatsorchester befördert. Von den 99 Planstellen des Orchesters – die Norm für ein A-Orchester – sind derzeit 87 besetzt, allerdings mit zum Teil hervorragenden jungen Leuten. Und seit dem Engagement von Günter Neuhold als Generalmusikdirektor hat das Orchester endlich den lang ersehnten Aufschwung genommen.

Nach dem glänzenden Niveau des letzten Abonnementkonzertes in dieser Saison muß nun auch Edzard Dettmers, der Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft, keine Furcht mehr haben, daß sich die „Bremer Philharmoniker“ nicht auch einer internationalen Konkurrenz stellen können. Beim kommenden Bremer Musikfest ist das Orchester nämlich – unter Günter Neuhold – zum ersten Mal dabei. Offen bleibt, ob sich ein zweiter Wunsch erfüllt, den Dettmers als Freud'schen Versprecher zur allgemeinen Erheiterung vortrug: Er begrüßte beim Empfang „Frau Senatorin Motschmann“.

Die gute Laune war angebracht, denn das vorhergegangene Konzert konnte sich hören lassen. Und das Bremer Kongreßzentrum (CCB) erwies sich mit seiner trockenen Akustik zwar nicht als idealer, aber für ein Provisorium doch als passabler Ort bis zur Eröffnung der renovierten Glocke im Januar 1997. Umso mehr, als Neuhold ein hochvirtuoses und lustvolles Programm zusammengestellt hatte. Thema war Ungarn – einmal in der Sicht von Franz Liszt, dann in der von Zoltan Kodály. Liszt hatte die ungarische Musik nie wirklich kennengelernt: Seine Ungarnklänge orientieren sich an der Folklore der Zigeuner. Kodály hingegen wurde von seinem Landsmann Béla Bartók gerühmt: „Wenn man mich fragt, in welchen Werken der ungarische Geist seinen vollendetsten Ausdruck findet, kann ich nur antworten: in den Werken Kodálys“.

Von Kodály gab's die „Tänze aus Galánta“ in wunderbaren Kontrasten der lyrischen und rhythmisch peitschenden Elemente und die Suite „Háry János“, die Neuhold in ihrer dramaturgischen Doppelbödigkeit – besonders durch die explodierenden Blechbläser – zu einem wahren Orchesterfest führte. Außerdem erklang mit größter Besetzung die zweite Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt in der Orchesterbearbeitung von Franz Schreker, die erst 1986 uraufgeführt wurde: ein aufgedonnertes Unikum, das der Intention Liszts zwar nicht unbedingt gerecht wird, das aber besonders mit einem so glänzenden Techniker wie Neuhold eine Menge hermacht.

Der Solopart des Klavierkonzertes in A-Dur von Liszt war bei dem jungen 25jährigen Pianisten Markus Groh, der voriges Jahr einen der größten Klavierwettbewerbe – den Concours Reine Elisabeth in Brüssel – gewonnen hat, in allerbesten Händen. Seine glänzende Technik erlaubte ihm die schnellsten Wechsel zwischen intimster Lyrik und heftigen Klavierattacken. Fernab von jedem Virtuosenschmalz schuf er glasklar mit rhythmischer Genauigkeit und sensiblem Sinn für Klangfarbenverhältnisse viele disparate Charaktere und einen eher introvertierten Dialog mit dem kongenial spielenden Orchester. Mit dem atemberaubend virtuosen „La Campanella“ von Franz Liszt riß Groh sein Publikum schließlich buchstäblich vom Stuhl. Ute Schalz-Laurenze

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