: Bremer bauen auf Gift
■ AfB und Grüne fordern praktische Hilfe für Hansetor-Anwohner
„Den Bewohnern am Hansetor muß endlich geholfen werden.“ Mit diesem Appell wandte sich gestern AfB-Sprecher Andreas Lojewski an die Öffentlichkeit. Am nächsten Mittwoch nachmittag wollen AfB und Grüne gemeinsam dafür auch in der Stadtbürgerschaft streiten. „Ein runder Tisch mit Behörden, der Baufirma Interhomes und den Anwohnern muß her“, fordert die grüne Umwelt-Politikerin Lisa Wargalla.
Denn seit dem Oktober 1995 ist klar: Die Immobilienfirma Interhomes hat die 73 schnuckeligen Reihenhäuschen an der Christernstraße/Kleine Westerholzstraße in Hemelingen auf eine chemische Zeitbombe gebaut. Kinder sollen möglichst wenig draußen spielen, das Wasser aus Gartenbrunnen ist zum Teil so verseucht, daß man nicht einmal den Rasen damit sprengen sollte. Unter keinen Umständen dürfen Kinder etwas, was zu Boden gefallen ist, in den Mund stecken.
Ein Blick in die Vorgeschichte des Geländes zeigt, welche Risiken im Boden stecken und welche Gefahr für das Grundwasser davon ausgehen könnte: Im 19. Jahrhundert entstand hier eine Lackfabrik, später wurde Dachpappe produziert, bis 1937 war die durch ihre Asbest-Produkte bekannte Firma Toschi hier angesiedelt.
Die Firma Interhomes hatte das Gelände 1989 von einer Immobilienfirma günstig aufgekauft. „Kein Keller, kein Kinderspielplatz, keine Nutzgärten“ dürften hier entstehen, hatte Interhomes der Behörde versichert, und ein Meter tief sollte der Boden ausgehoben und ersetzt werden. Daraufhin hatte die Baubehörde keine Bedenken mehr gegen eine Wohnbebauung, nur vom Wasserwirtschaftsamt wurde Interhomes „mündlich empfohlen, in die Kaufverträge eine den Gartenbrunnen verbietende Klausel aufzunehmen...“
Was nicht passierte. Auch der Boden wurde nur an wenigen Stellen ausgetauscht. Und als im vergangenen Jahr die Familie Wolf für einen Gartenbrunnen im Erdreich ihres Gartens buddelte, sprudelten ihr „ekelige Substanzen“ entgegen.
Seitdem wird die Frage gestellt, auf welcher Grundlage damals ohne klare Auflagen die Baugenehmigung erteilt wurde. Interhomes hatte die Gutachter bezahlt. Im Herbst soll endlich ein von der Behörde in Auftrag gegebenes präzises Gutachten vorliegen. Das war damals offenbar versäumt worden. Aber am 30.6.96 verjähren Ansprüche der Anwohner gegenüber Interhomes. Wenn der Senat sein Programm „Bremer bauen in Bremen“ ernst nimmt, so der AfB-Politiker Lojewski, dann muß er den Hausbesitzern wenigstens versichern, daß die Kosten für die Bodensanierung nicht an ihnen hängen bleiben, wie immer das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Behörde und Interhomes auch ausgeht. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen