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Festnahmen neben UN

■ Istanbuler Polizei löst Demonstration gewaltsam auf: 1.500 Menschen in Haft

Istanbul (taz) – Ungeachtet eines internationalen Presseaufgebotes hat die Istanbuler Polizei am Samstag zwei Demonstrationen verboten und nahezu alle TeilnehmerInnen und zahlreiche Unbeteiligte festgenommen: etwa 1.500 Personen. Die Mehrzahl befand sich noch gestern in Haft.

Über 500 Organisationen und Einzelpersonen, die an dem Forum der regierungsunabhängigen Organisationen (NGO) bei der UN-Konferenz Habitat II teilnehmen, haben gegen die Polizeimaßnahmen protestiert. „Wir fordern die türkische Regierung und die lokalen Behörden auf, die Menschenrechte zu achten und die Festgenommenen unverzüglich freizulassen“, heißt es in einer Erklärung. Eine Pressekonferenz außerhalb des durch den UN-Status geschützten „Habitat-Valley“ durchzuführen, wagten die NGOs jedoch nicht. Der Gouverneur von Istanbul hatte ausdrücklich gewarnt, die NGOs müßten bei Aktionen außerhalb des Habitat-Geländes die Konsequenzen tragen.

Schon am frühen Morgen hatte sich die Istiklal-Straße, die zentrale Fußgängerzone, in ein Polizeilager verwandelt. Wasserwerfer standen bereit, und die Polizei, zum Teil mit Maschinenpistolen bewaffnet, kontrollierte alle Zugänge zum Platz vor dem Galatasaray-Gymnasium. Dort sollte, wie seit einem Jahr jeden Samstag, eine friedliche Sitzdemonstration von Angehörigen der in Polizeihaft „Verschwundenen“ stattfinden. 50 bis 60 Personen, mehrheitlich Frauen, hatten sich gerade niedergesetzt, als die Polizei die Kundgebung stürmte. Die TeilnehmerInnen wurden unter Einsatz von Schlagstöcken festgenommen und in bereitstehende Busse und Lieferwagen geschubst. Unter den so Traktierten war auch eine norwegische Teilnehmerin des NGO-Forums der Habitat- Konferenz. Ebenfalls festgenommen wurden die TeilnehmerInnen einer Kundgebung der Gewerkschaft KESK, die für das Streikrecht der öffentlichen Angestellten demonstrieren wollten, und mindestens vier türkische Journalisten. Augenzeugen berichteten, die Festgenommenen seien geschlagen und getreten worden. Bernd Pickert

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