Die Tage der alten Staatspost sind gezählt. Am heutigen Donnerstag will der Bundestag das neue Telekommunikationsgesetz verabschieden, morgen dann entscheidet der Bundesrat darüber. Das Gesetz erlaubt auch privaten Firmen, öffentliche Telef

Die Tage der alten Staatspost sind gezählt. Am heutigen Donnerstag will der Bundestag das neue Telekommunikationsgesetz verabschieden, morgen dann entscheidet der Bundesrat darüber. Das Gesetz erlaubt auch privaten Firmen, öffentliche Telefon- und Datennetze zu betreiben. Aber am Weg in das

21. Jahrhundert lauern die Kommunen und die Geheimdienste. Die einen wollen Geld kassieren, die anderen in der Leitung schnüffeln.

Freizeichen für die Zukunft

Die Vebacom zählt die Tage. Die Tochterfirma des Düsseldorfer Mischkonzerns hat sich fit gemacht mit einer Homepage im Internet, die – eine Seltenheit in deutschen Landen – durchaus amerikanischen State of the art erreicht. Schmuckstück der Tageszähler. Heute zeigt er die Nummer 566. So viele Tage dauert es noch, bis auch die Vebacom tun darf, was heute ausschließlich der bundeseigenen Telekom vorbehalten ist: Vom 1. 1. 1998 an kann sie ihre Glasfaserleitungen privaten Kunden zum Telefonieren anbieten.

Wenn es nur das wäre. „Die Zukunft ist multimedial“, heißt der schlichte Wahlspruch der Düsseldorfer, an deren zukunftsfreudiger Tochter die britische Telekommunikationsgesellschaft „Cable & Wireless“ zu 45 Prozent beteiligt ist. Die Briten sorgen für weltweiten Anschluß und technisches Wissen, das den Deutschen noch fehlt, die bisher mit Atomstrom, Mineralölen, Baustoffen und Chemieprodukten ihr Geld verdienen. Nun wollen sie damit unter den ersten sein, die noch in diesem Jahr eine unbeschränkte Lizenz „für das Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit“ beantragen. So lautet die einschlägige Formulierung des Gesetzes, das heute in zweiter und dritter Lesung und damit abschließend im Bundestag beraten wird.

Womöglich muß der Antrag doch noch etwas länger in der Schublade bleiben. Denn gestern erhob die SPD neue Einwände gegen den Entwurf, auf den sie sich nach monatelangen Verhandlungen mit der Regierungsmehrheit geeinigt hatte. Noch ist deshalb offen, wie sich die SPD-regierten Länder morgen verhalten werden, wenn der (zustimmungspflichtige) Bundesrat über das Telekommunikationsgesetz entscheidet.

Das Ziel des Gesetzes ist dabei gar nicht umstritten. Nach Vorgabe der EU muß auch der deutsche Telekommarkt in jedem Fall liberalisiert werden. Fragt sich bloß, wie. Bundesregierung, Industrie und Kommunen hatten in den letzten Monaten jeweils ihre Fußangeln ausgelegt. Mit einer neuen Regulierungsbehörde wird nun das Postministerium entschädigt, das sich mit diesem Gesetz selbst abschafft. Regulierung muß jedoch sein, aber nicht etwa das dafür berufene Kartellamt, sondern eine neue, allein dem Bundespräsidenten unterstellte Behörde soll nun den Wettbewerb überwachen.

Heiß umstritten zwischen der Telekom und ihren künftigen Konkurrenten ist bis heute der gegenseitige Zugang zu den jeweiligen Netzen – schlichte Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Kommunikationssystem mit mehreren Wettbewerbern. Der Gesetzentwurf schreibt jedem marktbeherrschenden Anbieter vor, eigene Datenleitungen an die Konkurrenz zu ermieten – „zu den Bedingungen, die er sich sich selbst einräumt“. Eine dehnbare Formel, die für Dauerstreit sorgen wird.

Das Lieblingsthema der liberalisierungsskeptischen Sozialdemokraten hieß „Universaldienst“. Gemeint war ursprünglich die Pflicht jeder privaten Telefongesellschaft, auch entlegenste Gebiete anzuschließen. Diese gilt im jetzigen Entwurf nur noch für marktbeherrschende Unternehmen – auch lokale Firmen haben jetzt das Recht, mit Mietleitungen spezielle Angebote zu machen.

Am längsten Hebel jedoch sitzen die Kommunen, auf deren Grund und Boden schließlich all die fabelhaften Hochleistungskabel verlegt werden müssen. Sie klagen ihre „Wegerechte“ ein, die sie nicht unentgeltlich Privaten überlassen wollen. Genau hier wollen denn auch die Sozialdemokraten einhaken. Die Kompromißformel der Regierung, um dieses kommunale Wegerecht zumindest anzuerkennen, genügt ihnen nicht mehr. Sie wollen die Unternehmen mindestens zu „Kompensationen“ verpflichten, die etwa darin bestehen könnten, Schulen oder Bibliotheken die modernsten Kommunikationseinrichtungen zu schenken. Sollte es dazu kommen, genügt die schöne Homepage der Vebacom nicht. Sie muß den darbenden Kreis- und Stadtbibliotheken auch noch den passenden Terminal schenken. Niklaus Hablützel