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Deutschland ist Waffenexporteur Nummer drei

■ Sipri-Bericht: Rußland überholt deutsche Waffenlieferanten, macht aber den USA Rang eins nicht streitig. Bonn: Unsere Waffen tragen nicht zur Aufrüstung bei

Stockholm/Bonn/Berlin (AFP/ dpa/AP) – Rußland hat Deutschland im vergangenen Jahr auf der Liste der größten Waffenexporteure vom zweiten auf den dritten Platz verdrängt. Dies geht aus dem Jahrbuch 1996 des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor, daß heute vorgelegt wird. Die USA belegen weiterhin den ersten Rang. Die deutschen Rüstungsexporte gingen im vergangenen Jahr gegenüber 1994 von 2,5 Milliarden auf zwei Milliarden Dollar zurück. Insgesamt setzte sich der seit Ende der 80er Jahre andauernde weltweite Trend zu niedrigeren Rüstungsausgaben fort. Eine der Hauptgründe dafür ist, daß die Rüstungshaushalte der westlichen Industriestaaten und Rußlands gekürzt wurden. Im Nahen Osten und in Südostasien stiegen die Militärausgaben hingegen beträchtlich. Für 1995 listete das Institut 30 größere bewaffnete Konflikte in 25 Weltregionen auf.

Die USA lagen 1995 mit 43 Prozent (1994: 56 Prozent) aller weltweit ausgeführten Militärgüter an der Spitze der Waffenexporteure. Die Einnahmen aus den Waffenverkäufen der USA gingen gegenüber 1994 um 23 Prozent auf knapp 9,9 Milliarden Dollar zurück. Rußland steigerte seine Rüstungsexporte derweil um mehr als das vierfache auf 3,9 Milliarden Dollar. China ist der fünftgrößte Rüstungsexporteur hinter Großbritannien und vor Frankreich.

Die Bundesregierung wies gestern den von Sipri erweckten Eindruck zurück, deutsche Waffenlieferungen trügen erheblich zur weltweiten Hochrüstung bei. Das Wirtschaftsministerium erklärte, die Abnehmer deutscher Waffen seien „ganz überwiegend“ Nato- und EU-Staaten gewesen. Die Bundesrepublik habe „nahezu ausschließlich“ gebrauchtes Material aus Beständen der Bundeswehr und der ehemaligen NVA geliefert, das kostenlos oder zu sehr niedrigen Preisen abgegeben worden sei. Ein Teil des Militärmaterials sei auch direkt an die UN zur Verwendung bei Friedensmissionen abgegeben worden.

Die Tendenz des Sipri-Berichtes wird von einem Gutachten für 1996 unterstützt, das drei deutsche Friedensforschungsinstitute gestern in Berlin vorlegten. Demnach hat Zahl der Kriege beständig abgenommen, von 52 im Jahr 1992 auf 36 im vergangenen Jahr. Auch die Bestände der Waffenarsenale der Industrieländer wurden demnach weiter reduziert. Doch könnten zahlreiche Konflikte weltweit sowie die Pläne zur Nato-Osterweiterung die internationale Stabilität gefährden. Die Chance zur Fortsetzung der Abrüstung dürfe nicht verspielt werden. An die Bundesregierung appellieren die Experten, die Wehrpflicht zu überdenken.

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