: 16 Artisten aus 82 Nationen
■ Schmidt: Umjubeltes Varieté von der Truppe „et cetera“
Varieté ist, wenn sich zwei Jongleure Witze erzählen und ein Akrobat dazu Flickflack schlägt. „Och nööö“, würde Clown Felix Gaudio dazu nur sagen. Recht hat er. Denn was die Truppe et cetera bei der Premiere im Schmidt Theater zeigte, war ein Spektakel, das den erwartungsträchtigen Namen Varieté wieder verdient. Wer Antiquiertheit befürchtete, wurde eines Besseren belehrt.
Die Vorstellung muß länger als zwei Stunden gedauert haben. Zeit, auf die Uhr zu gucken, ließen die Künstler nicht. Bereits zu Beginn zeigten sich Clown Gaudio und Conférencier Gunnar Carino publikumsnah. Ob nun Selters schnorrend oder den Platzanweiser mimend, die Narrenfreiheit kam an. Das Duo leitete zaubernd und scherzend mit Sprüchen wie „Das ist ein Seil, das müßten Sie aus Ihrem Schlafzimmer kennen“ zu den artistischen Darbietungen über. Mit „16 Artisten aus 82 Nationen“, wie Carino betonte.
Da et cetera für gewöhnlich als Zelt-Varieté durch die Lande reist, hatten die Akrobaten gelegentlich mit der geringen Deckenhöhe des Schmidt zu kämpfen. Die Hochseilnummer geriet in „schwindelerregenden“ eineinhalb Metern etwas unspektakulärer als die Zeltversion, doch was wäre ein Varieté ohne Improvisation. Caroline Hammer blieb lieber gleich in Bodennähe und machte Hula-Hoop mit einem unzählbaren Wust von Reifen.
Sie behielt ebenso die Kontrolle wie Dany Daniels, der auf Türmen balancierte, vor denen jeder Statiker geflohen wäre. Schlangenfrau Annett überzeugte durch scheinbare Gelenklosigkeit und hatte als lebendes Knäuel immer noch ein Lächeln übrig für die Zuschauer, die etwas ungläubig dreinguckten.
Die Mimik des infantil-niedlichen Clowns mochte aber auch der am dämlichsten staunende Gast nicht schlagen. Der Inbegriff der Schlacksigkeit wechselte seine Gesichter wie Faschingsmasken.
Mit frenetischem Beifall honorierten die Zuschauer die überaus gelungene Premiere und den ernsten Nachtrag von Carino: „Ohne Ausländer wäre unser Programm schon nach der ersten Nummer vorbei gewesen.“
Michael Quell
Noch bis 5. Februar, 20 Uhr
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