: Zwei „Radikale“ auf freiem Fuß
■ Haftbefehle gegen Kaution von 20.000 Mark ausgesetzt
Zwei der drei mutmaßlichen MitarbeiterInnen der verbotenen Linksaußen-Zeitschrift „radikal“, die sich am Donnerstag nach einjähriger Flucht in Bremen der Justiz gestellt hatten, sind wieder frei. Die Haftbefehle gegen die Bremerin Jutta Weißbach und den Oldenburger Ulli Faltin wurden bereits am Freitag auf Antrag ihrer Anwält Innen ausgesetzt.
Allerdings unter hohen Auflagen: Die Beschuldigten mußten eine Kaution von jeweils 20.000 Mark hinterlegen und bekamen nicht nur ein Kontaktverbot untereinander auferlegt, sondern auch zu 20 weiteren Personen, gegen die im Rahmen des „radikal-Verfahrens ermittelt wird. So wurde Weißbach unter anderem auch untersagt, mit ihrer Lebensgefährtin in Verbindung zu treten. Auch müssen sich die beiden drei mal wöchentlich bei der Polizei melden.
Frank Großkinsky, der dritte Beschuldigte, bleibt hingegen weiterhin in der Nähe von Karlsruhe in Haft. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Kölner vor, auch an der aktuellen Nummer der „radikal“, die vergangene Woche auf den Schwarzmarkt kam, mitgewirkt zu haben. Auch bei einem weiteren Beschuldigten, der sich noch immer der Justiz entzieht, soll die Anklage entsprechend erweitert worden sein.
Nach den Beschuldigten wurde seit dem 13. Juni 1995, als polizeiliche Sondereinheiten auf Antrag der Bundesanwaltschaft im Rahmen einer Razzia gegen angebliche LinksterroristInnen bundesweit über 50 Räume durchsuchten, gefahndet. Sie hatten sich am Donnerstag in Bremen gestellt und waren noch am späten Nachmittag nach Karlsruhe geflogen worden, wo sie am Freitag von Bundesstaatsanwalt Hofmann und dem zuständigen Ermittlungsrichter verhört worden waren.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Terzett vor, Mitglieder der zur „kriminellen Vereinigung“ (v)erklärten Redaktion der „Untergrunddruckschrift radikal“ zu sein, die es sich zum Ziel gesetzt hätte, für „terroristische Vereinigungen“ zu werben.
Vier weitere Beschuldigte waren bereits vor einem Jahr im Rahmen der Großrazzia festgenommen und erst Anfang Dezember aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der Prozeß gegen alle angeblichen „radikal“-RedakteurInnen wird voraussichtlich Anfang kommenden Jahres in Koblenz eröffnet werden.
Marco Carini
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