piwik no script img

So viel Frieden wie in Hamburg war noch nie

■ Bis zu 80.000 KurdInnen demonstrierten am Samstag friedlich für eine „politische Lösung“ der Kurdistanfrage und gegen die Türkeipolitik der Bundesregierung

Hamburg (taz) – Die Stimmung kam einem Volksfest gleich: Rund 80.000 KurdInnen – die Polizei spricht von 40.000 – demonstrierten unter dem Motto „Frieden jetzt!“ am Samstag friedlich in der Hamburger Innenstadt. Obwohl Tausende Fahnen der verbotenen KurdInnenpartei PKK die City säumten, hielt sich die Polizei vollständig im Hintergrund: Nur einzelne Beamte begleiteten die Demonstration; bekleidet mit schlichter Dienstuniform – ohne Helme, Schlagstöcke und Schutzschilder.

Bereits im Vorfeld hatte es intensive Absprachen zwischen den AnmelderInnen und der Polizeiführung gegeben. Während es den VeranstalterInnen darum ging, mit einem friedlichen Fest das angekratzte Image der KurdInnen aufzumöbeln, setzten die „OrdnungshüterInnen“ darauf, durch äußerste Zurückhaltung Krawalle besser vermeiden zu können als durch Verbote, Verhaftungen und weiträumige Straßensperren. Polizeipressesprecher Hartmut Kapp hatte angekündigt, daß die DemonstrantInnen „nur auf freundliche Beamte“ treffen würden. Das Kalkül ging auf.

Die VeranstalterInnen beurteilten die Großveranstaltung als „wichtigen Schritt, um die repressive Politik von Bundesinnenminister Manfred Kanther zu durchbrechen“. Auch Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage bedankte sich für den friedlichen Ablauf bei Veranstaltungsleitung und Polizei. Noch wenige Tage zuvor hatte er im internen Kreis die Befürchtung geäußert, bei einem Scheitern des Deeskalationskonzeptes „die längste Zeit Senator gewesen“ zu sein.

Mit der Demonstration, an der viele in traditionellen kurdischen Trachten gekleidete Frauen und Kinder teilnahmen, sollte ein Signal für eine politische Lösung des Konflikts in Kurdistan gesetzt werden. Die TeilnehmerInnen appellierten an die türkische Regierung, den Krieg im Osten des Landes zu beenden.

Doch auch die Politik der Bundesregierung wurde angeprangert: „Deutsche Waffen raus aus Kurdistan“ hieß es immer wieder. Eindrucksvoll wurde dieser Forderung mit einer Panzerattrappe mit der Aufschrift: „Made in Germany“ Ausdruck verliehen.

Angereist waren auch KurdInnen aus dem Ausland. Mehrere tausend kamen in Bussen aus Österreich, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, den skandinavischen Ländern sowie aus England. Auf der Moorweide, nahe der Universität, endete die Demonstration. Hunderte Familien picknickten gemeinsam, tanzten zu kurdischer Musik und jubelten den RednerInnen der mehrstündigen Abschlußkundgebung zu. Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen