: Der mit dem Minus tanzt
■ Spar-Runde mit Runde: Kleinere Sozialwohnungen und keine Stadt-Bahn
Heute hat die Stunde der finanziellen Wahrheit geschlagen: Finanzsenator Ortwin Runde wird der geneigten Öffentlichkeit seine ersten Einsparungsvorschläge für das Haushaltsloch vortragen. Auf der Kippe standen gestern vor allem die Investitionen in den Nahverkehr: die seit langem gewünschte S-Bahn- und Stadtbahn-Anbindung an den Flughafen. Aber auch kleinere Projekte wie die Restaurierung der St.-Nikolai-Kirche und die Instandsetzung der Brücke des 17. Juni in Wilhelmsburg sind gefährdet. Der Statt Partei ist es lieber, ihrem Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus 12 Millionen für sein Multimedia-Projekt zu spendieren – „wegen des arbeitsmarktstimulierenden Effekts“ – als Geld in die St.-Nikolai-Kirche zu investieren. Überhaupt müsse eine „härtere Gangart“ eingeschlagen werden, findet Statt-Gruppenchef Achim Reichert.
In der Sparkommissions-Runde am Montag abend ließ Statt alle Senatoren antanzen, die die Sparquoten nicht eingehalten haben. Darunter war, zum Spott von Bürgermeister Henning Voscherau, auch der von Statt Partei berufene Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem. Er will die Altlasten seiners Amtsvorgängers Klaus Hardraht in Höhe von 5 Millionen gestundet haben. Wissenschaftssenator Leonard Hajen fehlt ebenfalls ein zweistelliger Millionenbetrag im Etat.
Seine Behörde sei „ganz jung“ und habe deshalb eine „geringe Fluktuationsrate“, rechtfertigte Umweltsenator Fritz Vahrenholt, warum er nicht genug Stellen gespart hat. Er will Grundstücke verkaufen.
Im Einklang mit dem Finanzsenator verlangt die Statt Partei von Bausenator Eugen Wagner, die Größe der Sozialwohnungen bei Neubau um fünf Quadratmeter zu reduzieren. Mit „so ein Quatsch“ kommentierte Runde hingegen die Statt-Forderung, alle Behörden einer „Organisationsuntersuchung“ zu unterziehen. Offen blieb in der Sparkomission die Frage, wie das zu erwartende Milliardenloch in 1997 bewältigt werden kann. „Eine Nullösung ist mit uns nicht zu machen“, zeigte Reichert die Zähne. Die fehlenden Einnahmen nur durch Vermögensverkäufe abzudecken sei nicht hinnehmbar; neue Sparvorgaben rollen auf Hamburg zu. Silke Mertins
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