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Megastaudamm in Malaysia

ABB baut den größten Staudamm Südostasiens. Über den Bakun-Damm bekommt die Öffentlichkeit kaum Informationen  ■ Aus Kuala Lumpur Sven Hansen

Im ostmalaysischen Urwaldbundesstaat Sarawak auf Borneo winkt das große Geld. Der Elektrotechnikkonzern ABB Asea Brown Boveri soll dort für über fünf Milliarden US-Dollar den größten Staudamm Südostasiens bauen. Am Montag erhielt ein Konsortium unter Führung des schweizerisch-schwedischen Unternehmens von der malaysischen Regierung den Auftrag für den Bau des Bakun-Damms. Für den Konzern ist das der größte jemals abgewickelte Einzelauftrag.

Das 2.400-Megawatt-Kraftwerk bei den Bakun-Stromschnellen am Balui-Fluß soll ab dem Jahr 2003 durch ein 648 Kilometer langes Unterwasserkabel – das längste der Welt – Strom zu den Wachstumszentren auf der malaysischen Halbinsel liefern. Die Kosten für die 1.200 Kilometer langen Übertragungsleitungen machen allein über die Hälfte der Gesamtkosten von 8,3 Milliarden Mark aus. Im Jahr 2020 soll Malaysia nach der Vorstellung von Premierminister Mahathir Mohamad ein moderner Industriestaat geworden sein. Bis dahin wird beim Stromverbrauch jährlich ein zehnprozentiges Wachstum prognostiziert.

Die Regierung von Sarawak verspricht vom Verkauf des Bakun-Stroms einen Ausgleich für die rückläufigen Einnahmen aus der Regenwaldabholzung. Zugleich soll das Kraftwerk helfen, Industrien im Bundesstaat anzusiedeln. Geht es nach Sarawaks Ministerpräsident Abdul Taib Mahmud, ist Bakun nur der erste von vier Dämmen. Mit Billigung Kuala Lumpurs hat Sarawaks Regierung Bundesgesetze außer Kraft gesetzt, die eine Informationspflicht und begrenzte Mitspracherechte der Öffentlichkeit beinhalten. Die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung wurde in vier Teile zerlegt. Im Stauseegebiet wurde letztes Jahr schon damit begonnen, 69.000 Hektar Wald abzuholzen, obwohl nur eine der Prüfungen vorlag.

9.000 Menschen müssen dem Stausee weichen, der 690 Quadratkilometer Regenwald, ein Gebiet etwa von der Größe Hamburgs, überfluten wird. Die Bevölkerung sei bisher nicht über die Details des Bakun-Damms informiert worden, beklagen malaysische Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Anfang April protestierten in der Hauptstadt Kuala Lumpur Vertreter von vierzig NGOs gegen den Bau des Staudamms. Die Polizei setzte ohne Vorwarnung Tränengas ein, sieben Personen mußten ins Krankenhaus.

Umweltschützer verweisen auf die Zerstörung von Flora und Fauna durch den Damm sowie die Gefahren für die Wasserqualität. Die von dem Projekt betroffenen Ureinwohner von fünf verschiedenen Ethnien befürchten, ihr Land und ihre Kultur zu verlieren.

Bakun basiert zum Großteil auf Studien, die deutsche und Schweizer Firmen in den 80er Jahren erstellten, darunter die Firma Lahmeyer International. Finanziert wurden die 18 Millionen Mark teuren Gutachten von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) aus deutschen Entwicklungshilfegeldern. Die Projektunterlagen wurden in Malaysia zum Teil zu Staatsgeheimnissen erklärt, deren Veröffentlichung strafbar ist. Selbst Parlamentsabgeordnete haben keinen Zugang.

Doch auch in Deutschland sind die aus Steuermitteln finanzierten Studien nicht öffentlich und damit nicht überprüfbar. „Die Geschäftsordnung der Bundesregierung schreibt vor, daß solche Akten erst nach 30 Jahren veröffentlicht werden dürfen“, erklärte auf Anfrage Bernhard Kühn, Malaysia-Referent im Entwicklungsministerium.

Wegen der restriktiven Informationspolitik haben malaysische Organisationen internationale Experten eingeladen, um eigene Studien über den Bakun-Damm zu erstellen. Von der Universität Dortmund reiste letztes Jahr der chinesische Raumplaner und Staudammexperte Weilou Wang nach Malaysia. Nach Wangs Berechnungen wird die Leistung des Kraftwerkes in der Praxis nur bei maximal 1.831 Megawatt liegen. Den geplanten Wirkungsgrad von 86 Prozent hält er für technisch nicht erreichbar.

Nach der Veröffentlichung von Wangs Berechnungen räumte die Regierung erstmals ein, daß die Leistung des Kraftwerks tatsächlich wohl unter den angekündigten 2.400 Megawatt liegen werde. Trotzdem sei das Projekt rentabel, so die Regierung. Auf welchen Zahlen die Wirtschaftlichkeitsberechnung beruht, weiß die malaysische Öffentlichkeit jedoch bis heute nicht. Dafür beschwerte sich inzwischen die Firma Lahmeyer International, die auch für den malaysischen Generalunternehmer für Bakun Aufträge ausführt, bei Wangs Institutsleiter. Wang habe der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zugefügt.

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