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Das Digitale in dir

■ Vorprogrammierte Bertelsmann-Kritik auf der „digital media world“-Messe

Nichts hat die Welt der Medien in den letzten Jahren so verändert wie die digitale Revolution – angefangen von Desktop Publishing über die CD-ROM bis zum Internet. Die zahlreichen neuen Märkte, Dienstleistungen und Produkte, die so entstanden sind, wollen dementsprechend repräsentiert werden. Das dachte man sich jedenfalls bei der Messe Berlin, die nicht nur mit neuem Logo den Messestandort Berlin nach vorn bringen will.

Die 50 Mark Eintritt für die digital media world hielten wie geplant das normale Laufpublikum vom Besuch der Avantgarde-Funkausstellung ab, nur Designstudenten schien es in die Hallen verschlagen zu haben, die versicherten, eigentlich lieber mit dem Bleistift zu arbeiten. Das anvisierte Fachpublikum hatte es dagegen vom eigenen Stand zu dem der Nachbarn nicht weit.

Am meisten scheint die schöne neue Welt des Digitalen aber die Medien selbst zu bewegen, zur Eröffnung erschienen für jeden Besucher mindestens ein Kameramann, Reporter oder Fotograf. Präsentiert wurde neben Multimediaproduktionen und den zugehörigen Dienstleistungen auch das Fernsehstudio der Zukunft. Das High Tech Center Babelsberg ist im Begriff, ein solches einzurichten. Und die als Pausenfilme fungierenden Trailer der israelischen Firma Orad, die die Technologie entwickelt hat, erklären dann auch, wofür man die digitalen Tricks über virtuelle Umgebungen für Fernsehmoderatoren hinaus noch gebrauchen kann: Bandenwerbung für die EM wird erst gar nicht mehr ins Stadion gehängt, man kopiert sie ganz einfach live an die richtige Stelle.

Auch auf dem angeschlossenen Entwicklerkongreß des noch jungen Deutschen Multimedia Verbands gab es die eine oder andere Neuigkeit zu erfahren. Mit dem Me-Chip – Herstellerslogan: „the digital part of me“ – soll Telebanking übers Netz endlich zu einer sicheren Sache werden. Damit ist der Weg zur globalen Internet- Kaufhalle vermutlich frei. Tatsächlich will die Sparda als erste Bank den Chip an Kunden verschenken, um ihnen das Buchen und Bezahlen vom Wohnzimmer aus schmackhaft zu machen.

Der in die Messe integrierte Werbekongreß '96 wartete dann noch mit einer Podiumsdiskussion zum Thema Chancen und Risiken der Informationsgesellschaft mit integriertem Bertelsmann-Bashing auf: Statt auf demokratische Zweiwegekommunikation seien die Konzerne nur auf Ausweitung des Konsums aus. Bertelsmann- Sprecher Formanek revanchierte sich mit politisch korrekter counter insurgency: Auf dem Podium säßen offensichtlich nur junge, weiße und gebildete Männer. Die Repräsentanten der Macht selbst sprächen hier also über Ausschlußverfahren und Demokratie. Später konnte man allerdings erfahren, daß sich die Panelisten aus dramaturgischen Gründen schon vorher auf Formanek als bösen Buben vom Dienst geeinigt hatten. Alles wird halt immer virtueller. Die Messepforten stehen übrigens heute noch einmal offen. Ulrich Gutmair

digital media world auf dem Messegelände (U-Bahnhof Kaiserdamm), heute noch bis 18 Uhr

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