Von Spar-Wut und statistischen Wundern

■ Stadterneuerungsgesellschaft (Steg) fürchtet um ihre Sanierungsprojekte

Nach anfänglich sachter Schelte hagelte es Vorwürfe: Peter Jorzick, Geschäftsführer der städtischen Stadterneuerungsgesellschaft (Steg), hatte die Presse um ein offenes Ohr für seine Wut über die „extrem ärgerliche“ Sparpolitik des Senats gebeten. Dieser setze „falsche Prioritäten“, indem er mit dem Rotstift „ausgerechnet“ Mittel der Stadtteilerneuerung streiche.

Um 13 Prozent wird der Etat der Stadtentwicklungsbehörde 1997 abgespeckt; die Steg als traditionelle Sanierungsträgerin fürchtet Einbußen für ihre Arbeit. 1995 verfügte sie noch über 13,5 Millionen Mark zur Gebäudeinstandsetzung, davon zehn Millionen aus öffentlichen Zuschüssen. Bislang, so Jorzick, sei zwar keines der Steg-Projekte für Instandsetzung und Erhalt günstigen Wohnraums in sozial benachteiligten Vierteln wie St. Pauli, Altona-Nord, Karoviertel oder Schanze gefährdet: „Bei der Stadtteilerneuerung geht es aber nicht nur um Gebäudesanierung.“

Die soziale Infrastruktur gehe den Bach hinunter. Anstatt mit flexiblen Grundrissen für unterschiedliche Bedarfe zu planen, würden Kindertagesstätten-Projekte (Eifflerstraße, Thadenstraße, Rinderschlachthof) ganz gekippt. Das Argument, weniger Kita-Plätze würden gebraucht, beruhe auf „statistischen Wundern“: „Ich habe noch nie erlebt, daß eine einzige Prognose des Amts für Jugend in den letzten 15 Jahren gestimmt hätte“, schnaubte Jorzick. Erstmals erfahre die Stadtteilpolitik „Einschnitte, die bei uns zu Vertrauensverlust führen“.

Derzeit sind rund 1100 Wohnungen im Bestand der Steg. Bis Jahresende will sie St. Pauli-Nord per Senatsentscheid zum Sanierungsgebiet erklären lassen. Die Stadt hätte dann über Sanierungsförderung und Mitbestimmung bei Wohnungsverkauf und -umwandlung Einfluß auf die Mietenpolitik im Stadtteil.

Die BewohnerInnen des Stadtteils begrüßen diese Idee mehrheitlich. Heftig umstritten hingegen ist in St. Pauli ein sechsstöckiges Mietshaus, das die Saga Talstraße, Ecke Simon-von-Utrecht-Straße hochziehen will. 97 Wohnungen sollen auf einer der letzten Freiflächen entstehen; der Bauantrag liegt schon beim Bezirk. Heike Haarhoff