: Beim Einkaufen schnell zur Mammographie
■ Bremer MeVis-Centrum entwickelt Programme, um Brustkrebs-Risiko zu vermindern - in anderen europäischen Ländern gehört „Brust-Screnning“ schon zum Alltag
In Holland, England und Schweden sind sie schon üblich, und in Australien kann Frau sie „wie nebenbei“ in Einkaufszentren erledigen: Regelmäßige Röntgen-Schnelluntersuchungen, das sogenannte Screening zur Früherkennung von Brustkrebs, der häufigsten krebsbedingten Todesursache für Frauen. Der Vorgang selbst dauert nur wenige Minuten, die Diagnose ein Paar Tage. Durch solche Reihenuntersuchungen kann, so internationale Studien, bei 50- bis 70jährigen Frauen die Sterberate durch Brustkrebs um 30% reduziert werden.
In Deutschland wird zur Zeit noch über Mammographie-Screening diskutiert. Fraglich ist zum einen die Finanzierung, denn die Reihenuntersuchungen sind sehr kostenaufwendig. Zum anderen muß die technische Seite in Deutschland erst verbessert werden. Dieses Gebiet hat sich das Bremer Centrum für Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung (MeVis) zur Aufgabe gemacht. Hier entstehen in Zusammenarbeit mit Kliniken und Universitäten in Holland, Schweden, Deutschland und den USA Computerprogramme, die die technische Qualität sicherstellen und die Ärzte auf die besonderen diagnostischen Anforderungen vorbereiten.
In einem großangelegten Screening-Verfahren müssen sehr viele Mammogramme in kurzer Zeit ausgewertet werden, die überwiegend normal sind. Man rechnet auf 1000 Untersuchungen etwa 5 bis 10% verdächtige Fälle, die durch Ultraschall oder Kernspintomographie weiter abgeklärt werden müssen, und nur fünf tatsächliche Brustkrebsgeschwulste. Computer können die digitalisierten Aufnahmen viel schneller aufschlüsseln. Durch ihre größere Genauigkeit und dreidimensionale Animation helfen sie auch bei eventuellen Operationen: Selbst kleinste Krebsgeschwulste können erkannt werden, chirurgische Eingriffe punktgenau erfolgen, nicht krebs-betroffenes Gewebe bleibt erhalten. Darüber hinaus können spezielle Computer-Programme die Diagnose des Arztes überprüfen. „Das kann im Hinblick auf die enorm große Zahl der Mammographien eine Erleichterung für die Radiologen bedeuten.“, erläutert Prof. Heinz-Otto Peitgen von MeVis.
Aber nicht nur die Auswertung muß einwandfrei sein, auch die Röntgengeräte müssen in Ordnung sein. „In Holland werden die Mammographie-Maschinen jeden Morgen vor Inbetriebnahme zentral kontrolliert.“, merkt Peitgen an. Eine solch aufwendige Qualitätssicherung ist einerseits nötig, um gute Bilder zu liefern. Andererseits sollen die Frauen nicht unnötiger Röntgenstrahlung ausgesetzt werden.
„Es ist umstritten, ob Frauen in jüngerem Lebensalter vom Mammographi-Screening profitieren“, erläutert Dr. Erika Habermalz, Radiologin und ärztliche Beraterin bei MeVis, „Die Sterblichkeitssenkung in dieser Gruppe konnte nicht so sicher nachgewiesen werden. Brustkrebserkrankungen sind hier seltener, die diagnostischen Schwierigkeiten größer. Die hohen Kosten für Reihenuntersuchungen lassen sich hier nicht rechtfertigen.“ Jüngere Frauen profitieren eher indirekt von einem breitangelegten Screening-Projekt, so Dr. Hartmut Jürgens von MeVis: „Durch die damit verbundene Qualitätssicherung wird die „Trefferquote“ auch bei ihnen erhöht.“
Die hauptsächliche Erkennung von Brustkrebs bei jüngeren Frauen erfolgt immer noch durch Selbstuntersuchung. Aber Heinz-Otto Pleitgen warnt: „Wenn die Frau einen Knoten in der Brust spürt, ist es fast schon zu spät. Je früher ein Karziom erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.“
Trotz der Vorbehalte gegenüber der Strahlenbelastung durch die Mammographie wehrt sich Erika Habermalz gegen die Meinung einiger Ärzte, Ultraschall reiche zur Krebserkennung aus. „Das Ultraschall-Bild ist viel zu unscharf, um kleine Mikrokalk-Ablagerungen erkennen zu lassen. Diese Mikrokalke können Zeichen für frühe Karzinome sein und sind deshalb für die Krebs-Früherkennung so wichtig. Die Mammographie mit ihrer extrem hohen Bildauflösung kann für das Screening nicht durch Ultraschall oder Kernspin ersetzt werden, sie muß weiterhin als Goldstandard der diagnostischen Möglichkeiten des Brustkrebs angesehen werden.“
Es muß also versucht werden, den möglichen Schaden durch Röntgen-Strahlen zu begrenzen und die Auswertung der Mammographien computerunterstützt zu präzisieren und zu beschleunigen. Erst wenn der hohe technische und diagnostische Qualitätsstandard in Deutschland erreicht ist, können hier nach dem holländischen Vorbild Reihenuntersuchungen stattfinden. Bei MeVis hofft man, daß Bremen eine der ersten deutschen Städte mit Brustkrebs-Screening sein wird, wenn im Herbst die Krankenkassen und die Ärztekammer über die Finanzierung entscheiden. Birgit Köhler
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