: Kranzler-Angstnummer
Am Kranzler-Eck kann eine typische Westberliner Angstnummer längst vergangener Zeiten gebaut werden. Aus Sorge, die City-Ost könnte der City-West den Rang ablaufen, hatte der vergangene Senat das Areal rund um den Zoo ins Visier genommen, um es mit dem Hochhausriegel „aufzuwerten“. Daß aus der Verarmung des Kurfürstendamms und der Flucht von Käufermassen in Richtung Osten bis dato nichts geworden ist, hätte auch Bausenator Jürgen Klemann merken können. Und mehr noch. Mit der Entscheidung, den Bebauungsplan für den Umbau des Kranzler-Ecks zu unterzeichnen, schadet der Bausenator der Stadt und dem Bezirk Charlottenburg gleichermaßen.
Nicht allein die Architektur des Chicagoer Modebaumeisters Helmut Jahn ist an dieser Stelle fragwürdig. Auch städtebaulich zerfetzt der 160 Meter lange Hochhausriegel das Quartier wie ein Handkantenschlag, dessen Wucht das Caféhaus als Pförtnerloge vor dem Hochhaus zurückläßt. Doch nicht nur die Warnungen der Architektenkammer ließ Klemann an sich vorbeiziehen. Ebenso gleichgültig scheint ihm, daß der Beschluß weitere Hochhäuser nach sich ziehen wird. Denn was dem einem Investor geschenkt wird, kann dem anderen nicht verweigert werden. Der Hochhauswald am Zoo ist vorgezeichnet.
Kritik muß sich auch die SPD gefallen lassen, die jetzt laut aufjault. Ihr Ex-Bausenator Nagel fand den Riegel „exzellent“, entmachtete den Bezirk und pfiff auf den Denkmalschutz des Ensembles – und die Partei kuschte. Rolf Lautenschläger
Siehe Interview auf der Seite 30
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