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Gerade noch mal die Menscheit gerettet

■ Ein grüner Science-fiction-Thriller: Hisashi Sakaguchis Manga-Serie „Version“

Im Pfadfinderhandbuch von Tick, Trick und Track standen viele Dinge, die man in der Schule nie verstanden hätte. Dort wurden in ein, zwei Bilderserien komplexe Atomketten aufgedröselt, historische Seeschlachten abghandelt und fremde Pflanzen bestimmt. Trotzdem kam kein Lehrer auf die Idee, Mickymaus als Pflichtlektüre in den Unterricht aufzunehmen. In Japan ist das anders: Dort liegt „Version“, Hisashi Sakaguchis Öko-Detektiv-Story, als Hardcover-Ausgabe in Schul- und Universitätsbibliotheken aus.

Nun gehören Mangas ohnehin zum japanischen Alltag der Zehnjährigen wie hierzulande die Heldensagen von Karl May. Statt Samurai-Kriegern und zufriedenen Mönchlein geistern in „Version“ jedoch fanatische Sekten, Cyborgs und eine an Großrechnern zusammengeklonte Biomasse durch das Geschehen. Kindgerechter High- Tech: Science ist dort sehr viel umfassender ein Teil der Wirklichkeit als irgendeine Fiction.

Lediglich der Vorspann im ersten der drei bislang auf deutsch vorliegenden Hefte erinnert an die Erzählweise klassischer Krimis. In Mitsuru Happos Büro sieht es aus wie bei Philip Marlowe unterm Sofa. Als schwatzhafter Privatdetektiv wird der abgehalfterte Hallodri fortan völlig planlos durch die folgenden Verwicklungen stolpern. Ein Genforscher ist mit einem ominösen Biochip namens EGOS aus den Labors verschwunden. Die Erfindung ernährt sich von Daten, mit jedem Informationsschub wächst das Alien um ein Vielfaches. Bevor Happo ihm auf die Fährte kommt, hat es schon die Größe eines Buckelwals erreicht und tobt durch die Südsee.

Neben der japanischen Regierung interessieren sich natürlich auch diverse Organisationen von der Mafia bis zu einem clownartigen Cyber-Buddha für den Verbleib des systemischen Monstrums. U-Boot-Kommandos kommen zum Einsatz, Wahrsagerinnen werden befragt, wie lange es dauern wird, bis das Ding vollends zur Info-Apokalypse mutiert. Im dritten Band, „Die Blaue Dimension“, kann es sich bereits als waberndes Binärgebilde in jedes Computernetz einspeisen oder godzillaartig die Terminals ganzer Städte lahmlegen.

Anders als vergleichbare Manga-Stories wie etwa Misunume Shirows „Appleseed“ oder „Akira“ (deren kantiger Zeichenstil dem von „Version“ durchaus ähnelt) interessiert sich Sakaguchi weder für Splattergewalt noch Teenie- Erotik. Sein Detektiv verliebt sich zwar in die heidiäugige Tochter des Wissenschaftlers, doch bei jeder weiteren Verquickung turnt ein Orang-Utan durchs Bild, spielt mit Bananen oder fummelt an der Kybernetik herum.

Vor allem nutzt der frühere Zeichentrickfilmer die Vermischung von Genres, die wie in einer Spielberg-Produktion nur kurz als Zeichen vorgeführt werden. Der Sektenführer lebt mit zwei Bond-Girls zusammen, statt einer Perserkatze hockt ihm ein mechanischer Pitt- Bull auf dem Schoß. Der Rest könnte auch ins zukünftige Partei- Programm der Grünen gehören: Wir haben den genetischen Code nur von unseren Eltern geliehen. Dann steht in der Sprechblase über einem Laptop „EGOS scheint die Menschheit loswerden zu wollen“ – und die nächste antwortet: „Aber ich glaube, es ist noch nicht alles verloren ...“ Harald Fricke

Hisashi Sakaguchi: „Version 1–3“. Edition Comic Speedline, jeweils 120 Seiten, 22.80 DM. Band4 erscheint im Herbst.

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