: Peinlicher Sieg für Major
■ Die EU billigt BSE-Exporte in Dritte-Welt-Länder
Major hat schließlich doch gewonnen. Der britische Premierminister hat die Europäische Union aus innenpolitischen Gründen in Geiselhaft genommen. Und die EU hat sich freigekauft und ist auf ein zutiefst unmoralisches Angebot eingegangen: Britisches Rindfleisch, das wegen der gesundheitlichen Gefahren nicht in die EU exportiert werden darf, kann in Einzelfällen in Länder außerhalb der EU verkauft werden. Im Gegenzug hat die Regierung in London ihre Politik, EU-Entscheidungen zu blockieren, aufgegeben.
Die 14 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben in Florenz ihre moralische Glaubwürdigkeit verkauft. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß es ihnen hochnotpeinlich ist. Wie peinlich, das zeigt sich daran, daß sie den entscheidenden Satz dreimal verpackt, getarnt und versteckt haben. Er steht nicht im Schlußdokument des EU-Gipfels, das alle unterschreiben, sondern in einer gesonderten Erklärung der italienischen Ratspräsidentschaft. Aber es gibt ihn, es gibt ihn schriftlich, und er ist gültig. Da ändert es auch nichts, daß einige Regierungschefs ihre Hände in Unschuld waschen und beteuern, sie hätten nicht zugestimmt. Solche Erklärungen der Präsidentschaft sind nur wirksam, wenn niemand ausdrücklich widerspricht. Und niemand hat widersprochen. Das Ende der britischen Blockade war ihnen wichtiger als die Gesundheit irgendwelcher Afrikaner.
Der britische Außenminister Malcolm Rifkind hat in erfreulicher Offenheit gesagt, worum es geht. Es gebe Anfragen aus Südafrika, und dorthin werde man liefern. Zwar muß die EU- Kommission in jedem einzelnen Fall ihre Zustimmung geben. Dies ist in absehbarer Zeit schwer vorstellbar. Aber es geht ums Grundsätzliche. Die EU hat um windiger Harmonie willen der britischen Erpressung nachgegeben, sie hat sich darauf eingelassen, einen Unterschied zu machen zwischen der Gesundheit von EU-Bürgern und Südafrikanern.
Das Entlarvendste steht im Zusatz: Voraussetzung für die Exporterlaubnis ist die Garantie, daß die Ware nicht auf Umwegen in der EU landen kann. Mit anderen Worten: Südafrika muß versichern, daß das britische Rindfleisch auch wirklich von den eigenen Bürgern gegessen wird. Alois Berger
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