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■ KommentarFisch und Fahrrad

Lust versus Politik und Life-style contra Feminismus: Es ist noch nicht lange her, da hatten Lesben soviel mit Schwulen zu tun wie Fische mit Fahrrädern. Galten den schwulen Männern die gleichgeschlechtlich liebenden Frauen als verbissene Dogmatikerinnen, die keinen Satz ohne das vorwurfsvolle Wort Patriarchat sagen konnten, hielten sich die Lesben lieber an ihre feministischen Hetero-Schwestern. Frau hat Ansprüche. Mann will Spaß. Klischee begegnete Klischee.

Doch die Zeiten sind vorbei. Die diesjährige Hamburger Christopher-Street-Day-Parade zeigt einen Trend, der sich längst in bundesdeutschen Großstädten abzeichnet: Die gemeinsame politische Plattform ist größer geworden. Das liegt nicht nur daran, daß sich die Schwulen-Szene zunehmend politisiert hat. Auch die Lesben haben erkannt, daß sich Hetero-Frauen nicht in der gleichen Weise für ihre Rechte einsetzen wie umgekehrt. Lesbenbewegung wurde unter Frauenbewegung subsumiert, diente gleichsam als nützliches Schutzschild für jene, die lieber als Feministinnen denn als Lesben gekannt werden wollten.

Weitreichende Gesellschaftskritik spielt zwar in lesbisch-feministischen Kreisen noch immer eine große Rolle. Doch für viele nicht mehr die erste Geige. Gerade die jungen Lesben können einer „Gay Identity“ mit ausgeprägtem Lustprinzip viel abgewinnen. Gleichzeitig sind die Emanzipationsforderungen der Frauen an den Schwulen nicht spurlos vorübergegangen. Zwar muß so mancher Schwuso noch lernen, daß er die Lesben nicht einfach unter seiner Fahne mitmeinen kann. Doch das Interesse am anderen Geschlecht, sofern es homo liebt, ist auf jeden Fall geweckt. Silke Mertins

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