: Umstieg auf die „eiserne Kuh“
Erfolgreicher Modellversuch „abfallarmer Einkauf“ der Supermarktkette „Meyer und Beck“. Mehrweganteil steigt von 40 auf 65 Prozent ■ Von Stephanie von Oppen
Ein Ladenregal ist vollgepackt mit Bier- und Coladosen, und darüber baumelt ein Schild: „Hände weg von Dosen“. Bei den Waschmitteln findet sich ein Hinweis, doch bitte den Nachfüllpackungen den Vorzug zu geben. Und Milch läßt sich aus einer „eisernen Kuh“ in die eigene Flasche abzapfen. Ein ungewöhnliches Bild für einen großen Supermarkt, nicht jedoch in zwei Filialen von „Meyer und Beck“. Die Lebensmittelkette startete im September 1994 das Projekt „abfallarmer Einkauf“. Sanft werden seither die KundInnen der Testfilialen in der Konstanzer Straße (Wilmersdorf) und in der Grellstraße (Prenzlauer Berg) angehalten, unnötige Verpackungen zu vermeiden. Mehrwegflaschen, Nachfüllpackungen und Konzentrate werden vermehrt angeboten. Unterstützt wurde das Projekt von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie. Von dort flossen 34.000 Mark an „Akut“, ein Umweltschutz-Ingenieurkollektiv, das den Modellversuch fachlich betreut.
Der Abschlußbericht wurde gestern von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) vorgestellt. Das Konzept habe auf eine urmenschliche Schwäche Rücksicht genommen: „Wir sind zwar bereit, uns umzustellen, wir sind aber nicht bereit, auf den Komfort zu verzichten.“ Sollen KundInnen also auf ihre Plastikverpackung verzichten, dann müsse man ihnen zeigen, daß es sich lohnt. So mußten die KäuferInnen nicht etwa von einem Tag auf den anderen vergeblich nach ihrer tropfenweise in Döschen eingeschweißten Kondensmilch suchen. Vielmehr wurde direkt daneben unübersehbar die ebenfalls kleinportionierte Alternative im Glas angeboten. An der Wand für Frischmilchprodukte ist nun nichts mehr nach Marken geordnet, sondern nach „Glas“ oder „Nichtglas“. Da wissen die KäuferInnen sofort: Ganz vorn stehen die Mehrweggläser. Große Bedeutung kommt dem Preis zu: Gleiche Preise für Mehrweg- und Einwegverpackungen führte zum rapiden Absatzanstieg beim Mehrwegangebot.
Insgesamt sei die Aktion von den KundInnen „sehr gut angenommen worden“, und „wir haben unser Etappenziel erreicht“, bilanzierte Klaus Schütz, Geschäftsführer von „Meyer und Beck“. Der Anteil der verkauften Mehrweggetränke beispielsweise sei innerhalb eines Jahres in der Grellstraße von 40 Prozent auf 65 Prozent gestiegen. Normalerweise liegen die BerlinerInnen beim Kauf von Mehrwegflaschen bei 44 Prozent – der Bundesdurchschnitt beträgt 74 Prozent. Das nächste Ziel sei jetzt, das Konzept „abfallarmer Einkauf“ in allen 89 Filialen in Berlin und Brandenburg umzusetzen.
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