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DokumentationKein Interesse an freier Rede

■ Dem National Endowment for the Arts (NEA) und der Corporation for Public Broadcasting (CPB) soll die finanzielle Unterstützung gestrichen werden

„Human Rights Watch“ ist besorgt über die Art der Angriffe auf die Unabhängigkeit – und sogar Existenz – zweier von der Regierung finanzierter Institutionen, denen in der Förderung des kulturellen Pluralismus in den USA eine wichtige Aufgabe zukommt: des National Endowment for the Arts (NEA) und der Corporation for Public Broadcasting (CPB).

Obwohl wir der Überzeugung sind, daß in der Unterstützung alternativer Stimmen in der Kunst und im Rundfunk eine Wertschätzung und Förderung der freien Rede liegt, die wir teilen, maßen wir uns keine Position im Hinblick darauf an, ob die USA die Künste und das Rundfunkwesen mit öffentlichen Geldern unterstützen sollten, oder, falls eine derartige Unterstützung aufrechterhalten wird, in welcher Höhe sie erfolgen sollte. Unserer Erfahrung nach sind Regierungsgelder für die Künste tatsächlich in vielen Ländern eher ein Mittel zu ihrer Manipulation und Kontrolle gewesen.

An der Diskussion über Kunst- und Rundfunkgelder in den Vereinigten Staaten ist jedoch gerade bemerkenswert, daß NEA und CPB in Schwierigkeiten geraten sind, eben weil sie lange Jahre keinerlei politische Einmischung erlebt haben. Die so heftig in Frage gestellten Kunstwerke und Sendungen sind nicht in die Schußlinie geraten, weil sie etablierte Orthodoxien stützen, sondern weil sie diese angeblich angreifen.

Nach allem, was gesagt wurde, bleibt wenig Zweifel, daß die Gegner von NEA und CPB ihre Budgets beschneiden oder gar gänzlich streichen wollen und dies im Namen einer politischen Orthodoxie täten, zumindest jedoch, um die provokanten Stimmen der anderen zu unterdrücken. Das zeigte sich am deutlichsten in Senator Larry Presslers Versuch, die politischen Überzeugungen und Mitgliedschaften der CPB-Angestellten zu eruieren. Was immer man letztlich über regierungsfinanzierte Körperschaften der freien Rede denkt – so ein Verhalten sollte jeden alarmieren.

Im Laufe der Diskussion der letzten Jahre haben Kritiker von NEA und CPB argumentiert, daß es fundamental unfair sei, daß ihre Steuergelder für Arbeiten ausgegeben werden, die sie unakzeptabel finden oder mit denen sie nicht übereinstimmen. Damit ignorieren sie jedoch ein wohl etabliertes und selbstverständliches Prinzip öffentlicher Förderung von Kultur: das der öffentlichen Bibliothek.

Zwar gibt es immer mal wieder Streit über bestimmte Medien in Bibliotheken, aber buchstäblich jeder im öffentlichen Leben akzeptiert das Prinzip, daß eine Bibliothek ein breites Angebot an Büchern und anderem Material bereitstellen sollte, und keiner fordert von der Regierung, sie solle ihre Unterstützung für die öffentlichen Bibliotheken einstellen. Dennoch wird es den Bibliothekaren überlassen, ihre Sammlungen auf der Grundlage pädagogischer und anderer politisch neutraler Kriterien zusammenzustellen.

Das Budget der aus Steuergeldern geförderten Bibliotheken, von der städtischen bis zur Bundesbibliothek, ist jedoch unendlich viel größer als die relativ kleinen Haushalte von NEA und CPB, bleibt jedoch im ganzen unhinterfragt, eben weil es ein breites Verständnis in der Öffentlichkeit gibt für die Notwendigkeit unabhängiger Bibliotheken.

Wir fordern den Gesetzgeber auf, sich bei den Diskussionen um die Zukunft dieser zwei wichtigen Institutionen das oben genannte Prinzip, das auch in diesen Fällen relevant ist, vor Augen zu halten.

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