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Möglichst keine Scheidungswaisen -betr.: "Sorgenfalten der Mütter", taz vom 20.6.1996

Betr.: „Sorgenfalten der Mütter“, taz vom 20.6.

Bremerinnen wollen Wäschekörbe voller Protestbriefe an den Bundestag senden. Der Grund: Die Reform des Kindschaftsrechts. Vater und Mutter sollen nach Trennung und Scheidung in der Regel das gemeinsame elterliche Sorgerecht behalten.

Wir machen die Erfahrung: Schuldgefühle, Angst, Hilflosigkeit und Trauer begleiten die „Scheidungswaisen“ oft ein Leben lang.

Schließlich nimmt auch die Zahl von geschiedenen Vätern, die an der elterlichen Sorge beteiligt sein wollen, zu. Das Leitbild „Zahlvater“ zu sein, stimmt mit der gesellschaftlichen Realität nicht mehr überein.

Untersuchungen belegen, daß Kinder die Scheidung ihrer Eltern um so schneller und störungsfreier verarbeiten und sich besser und schneller an die Nachscheidungssituation anpassen, je besser ihre Eltern sich miteinander abstimmen und kooperieren.

Hier bietet das Amt für Soziale Dienste umfangreiche Beratungshilfen an, die den Eltern helfen sollen, ihre Elternpflichten eigenverantwortlich wahrzunehmen. Denn Eltern können auch nach einer Scheidung zum Wohle ihrer Kinder zusammenarbeiten, wenn sie gemeinsam erarbeitete einvernehmliche Lösungen im Alltag ihrer Kinder umzusetzen haben.

Das „Wohl des Kindes“ zu wahren und zu fordern ist das natürlichste Recht der Eltern und die zuförderst ihn obliegende Pflicht, fordert Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz. Dieser Verfassungsform genügt die jetzige Reform des Kindschaftsrechts. Es sieht vor, daß eheliche und nichteheliche Kinder dadurch gleichgestellt werden, daß unverheiratete Eltern auf übereinstimmende Erklärung das Sorgerecht gemeinsam wahrnehmen können.

Und es regelt ferner, daß nach Trennung oder Scheidung der Eltern eine Regelung des elterlichen Sorgerechts nur dann vorgenomen wird, wenn ein Elternteil einen Antrag stellt, ihm das Sorgerecht zu übertragen. Unter dem Gesichtspunkt des „Wohl des Kindes“ ist dies ein bedeutender Fortschritt.

Dr. Herbert Wiedermann, Amt für Soziale Dienste

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