■ 6. deutsche Betonkanu-Regatta in Dresden: Mutter Beimer ist wassertauglich
Augsburg/Dresden (taz) – Aus Holz waren sie früher einmal, aus Polyester oder ähnlichen modernen Materialien werden Kanus heute gebaut. Aber aus Beton? Kann man sich kaum vorstellen. Das klingt, als hätte Fred Feuerstein seine Finger im Spiel. Doch in den Klassen 10a und 10c der Augsburger Bauberufsschule wurde monatelang an zwei schwimmfähigen Kanus aus Beton gewerkelt. Zusammen mit ihren Lehrern haben Maurerlehrlinge die „Schwester Z“ und die „Mutter Beimer“ gefertigt, zwei recht stattliche Betonkanus, die auch tatsächlich wassertauglich sind.
Daß das erste Kanu auf den Namen „Schwester Z“ getauft wurde, hat einen guten Grund. „Das ist der Spitzname einer Kollegin aus dem Baubereich“, erklärt Lehrer Robert Schrembs. Schwester Z selbst hat am gleichnamigen Boot auch kräftig mitgebaut. Ein reichlich kompliziertes Verfahren trieb die Betonbootbauer manchmal schier zur Verzweiflung. „Wir haben in Fachrechnen und Fachtheorie das Ganze entwickelt, haben den Baubedarf ermittelt und dann mit den Schülern in Praktischer Fachkunde die Boote betoniert“, beschreibt Robert Schrembs das Vorgehen. Die Schreiner-Azubis hätten geholfen, eine Art Gerüst zu bauen, dann wurden mehrere Lagen Spezialbeton aufgetragen, um die Kanus so richtig stabil zu bekommen.
Als die Berufsschüler in Augsburg zum ersten Mal von der kuriosen Idee hörten, glaubten sie zunächst, ihr Lehrer habe einen „recht merkwürdigen Tag“. Von Betonbooten hatte keiner zuvor etwas gehört, auch nicht davon, daß es schon mehrmals eine Betonboot-Regatta gegeben hat. „Ich dachte, der will uns verarschen“, sagt der 16jährige Michael. „Ich habe mir nicht vorstellen können, daß Beton wirklich schwimmt, daß sich das nicht vollsaugt.“ Dann hätten sie freilich erfahren, daß in China früher schon Betonboote gebaut wurden und sich an die Arbeit gemacht.
Zwölf beziehungsweise zehn Millimeter stark sind die Boote und sie schwimmen, wie ein Test am Augsburger Kuhsee zeigte, tatsächlich. Mit einem ironischen „Betonius hilf!“ ließen die Schüler in Anwesenheit ihrer Ausbilder die „Schwester Z“ als erstes Betonkanu aus ihrer Werkstatt zu Wasser. Etwas skeptisch paddelten zwei Schüler drauflos, denn für die Regatta muß schließlich nahezu rund um die Uhr geübt werden. Trotz einer leichten Schieflage tönte es kurze Zeit nach dem Stapellauf vom See her: „Hurra, wir leben noch!“
Auch Lehrer Norbert Breitsameder hat seine ganz eigenen Erfahrungen im Betonkanu gemacht. „Ich hatte schon das zweifelhafte Vergnügen einer Testfahrt. Es war ein eigentümliches Gefühl, weil wir ja bis zuletzt nicht wußten, ob das Ding wirklich schwimmt. Es ist ja auch äußerst kippelig, weil's nun mal ein Rennboot ist. Da habe ich immer gemeint, jetzt noch eine kleine Bewegung, und das Ding schnappt über.“
Soweit kam es freilich nicht. Lehrer und Schüler haben die ersten Testläufe gut überstanden und so können sie getrost an diesem Wochenende nach Dresden fahren – zur 6. Deutschen Betonkanu-Regatta auf der Elbe. Harte Konkurrenz wird sie hier erwarten: 75 Mannschaften mit 50 Kanus haben sich angemeldet – aus Deutschland, den Niederlanden, aus Österreich und der Schweiz. Universitäten, Fachhochschulen und Technikerschulen von Zürich über Nürnberg und Stuttgart bis Innsbruck und Delft werden vertreten sein – und mit dabei erstmals auch die Augsburger Bauberufsschule.
Bei der vom Bundesverband Zement veranstalteten Regatta winken Preise in den Kategorien Konstruktion, Gestaltung, Sportlicher Wettkampf und „Offene Klasse“. Die Boote mußten eine Mindestlänge von vier Metern haben und eine Mindestbreite von 70 Zentimetern. Klaus Wittmann
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