„Diskriminierung des Berufs Hure beseitigen“

■ Irmingard Schewe-Gerigk (MdB-Bündnisgrüne) will gleiche Rechte für Prostituierte

taz: Heute ist Welt-Hurentag. Ihre Fraktion will im Bundestag einen Gesetzentwurf einbringen, der Prostitution als Dienstleistung anerkennt. Was bringt das?

Irmingard Schewe-Gerigk: Prostituierte können sich nicht in gesetzlichen Krankenversicherungen anmelden. Wenn sie einen fiktiven Beruf angeben, verlieren sie den Anspruch auf die Leistungen. Sie haben keinen arbeitsrechtlichen Schutz und sie haben keinen Zugang zu Leistungen der Arbeitsämter. Das heißt, eine Prostuierte, die aussteigen möchte, kann sich nicht auf Kosten des Arbeitsamtes umschulen lassen. Das verhindert häufig den Ausstieg aus diesem Beruf. Unser Gesetzentwurf würde diese Diskriminierungen beseitigen.

Bisher gilt ein Vertrag zwischen der Prostituierten und ihrem Kunden als unwirksam, weil er gegen die guten Sitten verstößt.

Das bedeutet, daß das Honorar nicht einklagbar ist. Wir sagen, Prostitution ist eine sexuelle Dienstleistung und kann somit Gegenstand eines Dienstvertrages sein. Wenn das als ganz normaler Beruf akzeptiert ist, gelten sowohl zivil- als auch arbeitsrechtliche Bestimmungen für Prostituierte. Es können dann beispielsweise Arbeitsverträge mit Bordellbesitzern abgeschlossen werden.

Welche strafrechtlichen Bestimmungen wollen Sie ändern?

Prostituierte dürfen nicht mehr kriminalisiert werden. Der Straftatbestand Förderung der Prostitution soll nur noch für Minderjährige gelten.

An diesem Punkt gingen die Forderungen der Hurenbewegung über ihren Entwurf hinaus.

Die Hurenbewegung wollte, daß dieser Straftatbestand auch für Frauen ab 16 Jahren abgeschafft wird. Dem wollten wir nicht folgen. Wir halten die Volljährigkeit auch für notwendig, weil die Frau erst mit 18 einen Dienstleistungsvertrag abschließen kann.

Sie fordern auch die Abschaffung der Sperrbezirke?

Bisher konnten die Länder Sperrbezirke beschließen. Damit muß Schluß sein. Sperrbezirke sind zum Teil lebensgefährlich, weil die Prostituierten in Außenbezirke verdrängt werden. Das leistet Ausbeutung und Schutzgelderpressungen Vorschub. Das sind menschenunwürdige Arbeitsplätze.

Welche Aussichten hat der Gesetzentwurf, im Bundestag eine Mehrheit zu bekommen?

Sowohl innerhalb der SPD als auch der PDS gibt es viele Frauen, die in ihrer Fraktion dafür werben werden. Selbst die CDU hat im Petitionsausschuß anerkannt, daß die rechtliche Diskriminierung der Prostituierten abgebaut werden muß. Interview: D. Winden