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Der Bauskandal – eine Provinznummer

■ Kopfschütteln in Hamburg und Berlin über die „freihändige“ Vergabe für das neue Polizeipräsidium

In Kreisen von Baufachleuten kommt Bremen in diesen Tagen zu merkwürdiger Berühmtheit: Verwundert nimmt man z.B. in Hamburg oder Berlin zur Kenntnis, daß Bremen den Umbau des neuen Polzeipräsidiums in der Vahr einer Bremer Baufirma zuschanzen will, ohne durch die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung anderen Firmen die Chance zu geben, ihre Angebote einzureichen.

Die landeseigene Firma Hibeg will den Auftrag für das neue Revier in der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne direkt an das Bremer Baunternehmen Zechbau vergeben. Die Begründung des Hibeg-Chefs Klaus Geertz: Sicherheitsaspekte müßten gewahrt bleiben.

Selbst das Bundeskriminalamt in Meckenheim ist aber öffentlich ausgeschrieben worden. Die Hibeg beruft sich auf einen Paragraphen der verbindlichen „Verdingungsordnung Bau“ (VOB). Die sieht das Ausschreiben öffentlicher Projekte ausdrücklich vor. Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn „die auszuführende Leistung Geheimhal-tungsvorschriften unterworfen ist“. Was es geheimzuhalten gibt und warum Zechbau-Arbeiter verschwiegener sind als andere, darüber schweigt sich die Hibeg aus.

Alles an den Haaren herbeigezogen, findet Ulrich Zeiger vom Wettbewerbsausschuß der Hamburger Architektenkammer: „Bremen will sich nur um den zeitaufwendigen Wettbewerb drücken.“

„Knallhart“ findet der Senatsrat im Hochbaumt Berlin die Vergabepraxis in Bremen. Die Hauptstadt Berlin müßte sich eigentlich größere Sorgen machen, wenn es um die Sicherheit öffentlicher Gebäude geht. Doch weit gefehlt: Sämtliche neue Regierungsbauten werden europaweit ausgeschrieben, darunter sogar das neue Kanzleramt. Der Berliner Senatsrat hat sein neues 300-Mio-Projekt „Polizeipräsidium“ selbstverständlich per öffentlicher Ausschreibung auf den Markt gebracht. Keine Sicherheitsbedenken? „Was ist schon an einem Rohbau geheimzuhalten“, fragt sich der Berliner. Die Bremer Sicherheitsbegründung sei „schlimm.“

Auch der Hamburger Wettbewerbsexperte meint: „Wer öffentliche Gebäude plant, sollte dafür eine breite demokratische Basis haben.“

Politisch gedeckt wird die bremische Vergabe-Praxis von den beiden für die Hibeg zuständigen CDU-Senatoren Perschau und Nölle. Regine Rüpke, persönliche Referentin von Nölle, konnte gegenüber der taz die angesprochenen „Sicherheitsaspekte“ nicht weiter erläutern, bestätigte allerdings, daß diese nach ihrem Wissensstand zutreffend seien.

„Gleiche Chancen für alle Bauunternehmen“ fordert dagegen Wilfried Turk, Präsident der bremischen Architektenkammer. Äußerst seltsam und „bremenspezifisch“ findet der, daß sich die Stadt Bremen und Zechbau so nahe stehen. Turk sieht in der Praktik mehr als nur Zeitgewinn: Für ihn ist das „ein klares Kopplungsgeschäft“: Zechbau soll als Generalunternehmer nicht nur den Zuschlag für sämtliche Umbauarbeiten vom Architekten bis zum Polier für das 50-Millionen-Projekt in der Vahr bekommen, der Bremer Senat will Zechbau auch das heutige Polizeipräsidium Am Wall, das zu einem modernen City-Einkaufskomplex umgebaut werden soll, für acht Millionen Mark verkaufen.

kat

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