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Deutschlandhalle gerät ins Abseits

■ Der Landessportbund hält die Deutschlandhalle nach der Fertigstellung der Schmeling-Halle für überflüssig. Sportlobby wünscht sich sportfreundliche Betreiber. Eins ist klar: Das Land zahlt drauf

Nach der Fertigstellung der Max-Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg besteht in Berlin ein Überangebot an Veranstaltungsorten. „Die Deutschlandhalle wird für den Sport überflüssig“, meint Dietmar Bode, Sprecher des Landessportbundes (LSB). Deren Betreiberin, die landeseigene Messe GmbH, solle sich über die Zukunft der nicht mehr zeitgemäßen Halle Gedanken machen. Vorschläge hat der LSB auch gleich parat. „Man könnte dort zusätzliche Ausstellungsflächen für das Messegelände schaffen oder die Halle als Ersatzort für den Eissport ausbauen.“ Die benachbarte bisherige Eissporthalle in der Jafféstraße soll abgerissen werden, um Platz für einen großzügigen Südeingang zum Messegelände zu gewinnen.

Der Landessportbund will sich mit seiner Stellungnahme aber keineswegs der Kritik an den millionenteuren Hallenneubauten anschließen. Dazu zählen auch die Rad- und Schwimmsporthallen auf dem alten Gelände der Werner- Seelenbinder-Halle in Prenzlauer Berg, die noch in Bau sind. Vielmehr versucht der LSB Einfluß auf die Vergabe der neuen Sportanlagen an einen Betreiber zu gewinnen. Der ehemalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) hatte stets behauptet, daß private Betreiber die Hallenneubauten komplett übernehmen würden. Auf eine europaweite Ausschreibung meldeten sich zwar 18 potentielle Betreiber, doch keiner wollte ohne garantierte Landeszuschüsse die Hallen übernehmen. Der Senat hob daher das Ausschreibungsverfahren wieder auf, um auch mit anderen Interessenten zu verhandeln. Daß trotzdem nur noch mit zwei Bewerbern ernsthaft verhandelt wird, mag Wolfgang Zügel, Sprecher der Sportverwaltung zwar nicht zugeben, aber viel mehr seien es nicht.

„Es war schon immer klar, daß das Land die Hallen bezuschussen muß“, behauptet Zügel heute. Knackpunkt der Verhandlungen sei nun die Frage, wieviel der Senat aus den arg gebeutelten Landeskassen für den nichtrentablen Bereich der Hallen zuschießen muß: Dazu gehören drei Dreifachturnhallen in der Max-Schmeling- Halle, die vorwiegend vom Vereins- und Schulsport genutzt werden.

Der LSB befürchtet, daß am Ende nur noch ein Bewerber übrigbleibe, der dann die Bedingungen diktieren könnte. „Wenn das die Messe GmbH wäre, bleibt es weiterhin schwierig, Sportveranstaltungen nach Berlin zu holen“, mäkelt der LSB-Sprecher, denn die Messe GmbH sei bei Sportveranstaltungen wenig entgegenkommend. Die geforderte Tagesmiete von 60.000 Mark sei bei Amateursportveranstaltungen zu hoch. Nur wenige Sportereignisse wie die Gymnaestrada oder die Amateur- Box-Weltmeistermeisterschaft hätten daher im letzten Jahr in der Deutschlandhalle stattgefunden.

Michael Hofer, Sprecher der Messe GmbH, schwärmt hingegen von 771.000 Zuschauern bei 154 Veranstaltungen des Jahres 1995 in der Deutschlandhalle. Er rechnet allerdings auch Showveranstaltungen wie „Holiday on Ice“ oder „Menschen Tiere Sensationen“ mit ein. Die Preisgestaltung habe nichts mit Unflexiblilität zu tun, wehrt Hofer ab. Die privatwirtschaftliche Messe GmbH müsse schwarze Zahlen schreiben.

Doch die Pokerrunde um die neuen Hallen wird sich noch hinziehen. Erst im Sommer 1997 erwartet die Sportverwaltung die formelle Übergabe an den endgültigen Betreiber. Damit die Halle bis dahin nicht verstaubt, hat ihr Bauherr, die ebenfalls landeseigene Olympia Sportbauten GmbH (OSB) kommissarisch die Verwaltung übernommen. Die OSB hat sich auch um den langfristigen Betrieb der Hallen beworben. Über die Zukunft der Deutschlandhalle will sich die Messe GmbH erst Gedanken machen, wenn die Schmeling-Halle parallel in Betrieb ist und sich zeigt, was längst abzusehen ist: Sport und Show brummen in Schmelings Hexenkessel, und die Deutschlandhalle wird noch älter aussehen, als sie jetzt schon ist. Gereon Asmuth

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