: Tödliche Strahlen?
■ Neuer Kinderleukämie-Fall in der Umgebung des Atommeilers Krümmel.
In der Umgebung des Atomkraftwerks Krümmel in der Elbmarsch ist erneut ein Kind an Leukämie erkrankt. Vor zwei Wochen stellten die Ärzte der Eppendorfer Uniklinik bei dem dreijährigen Vincent Rocker die traurige Diagnose. Damit sind rund um den Reaktor seit 1989 nunmehr acht Kinder an Blutkrebs erkrankt; laut dem Mediziner Hayo Dieckmann, Mitglied der Expertenkommission zur Klärung der Ursachen, „die weltweit größte Häufung von Kinder-Leukämie“.
Vincent Rocker ist nur ein paar hundert Meter von dem Atommeiler entfernt aufgewachsen – in Grünhof (Kreis Herzogtum Lauenburg), dem Ort, der schon in der vergangenen Woche für Schlagzeilen sorgte. Genau hier befindet sich eine Meßstelle des Atomkraftwerks, an der jahrelang hohe Konzentrationen des radioaktiven Cäsiums 137 im Regenwasser notiert wurden. Während für Dieckmann nur Krümmel als Verursacher der hohen Cäsium-Werte in Frage kommt, weisen die Kraftwerksbetreiber den Verdacht als „abenteuerliche Unterstellung“ zurück.
Die Sprecherin des niedersächsischen Sozialministeriums, Andrea Weinert, sagte, nach dem neuen Fall müsse so schnell wie möglich die geplante Studie über die Leukämie-Ursachen erstellt werden. Es handelt sich dabei um eine „Fall-Kontroll-Studie“, bei der die Lebensläufe der Erkrankten auf mögliche Krankheits-Risiken hin untersucht werden.
Doch die Studie wird Jahre dauern. „Für alle Eltern, die in der Umgebung des Reaktors wohnen, ist die Schmerzgrenze längst überschritten“, klagt Eugen Prinz von der „Bürgerinitiative Leukämie in der Elbmarsch“. Doch die von Prinz geforderte Sofortabschaltung des Reaktors weist das Kieler Energieministerium mit dem Hinweis zurück, „ein Zusammenhang zwischen den Kraftwerks-Emissionen und dem Kernkraftwerk“ könne „nicht nachgewiesen werden“. Eugen Prinz ratlos: „Wie viele Kinder müssen noch erkranken, bevor etwas passiert?“ Marco Carini
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