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Hogefeld gegen bewaffneten Kampf?

■ Notar sagte stellvertretend für den Entlastungszeugen vor Gericht aus

Frankfurt/Main (taz) – Im Prozeß gegen Birgit Hogefeld vor der 5. Kammer des Frankfurter Staatsschutzsenats sagte gestern der renommierte Rechtsanwalt und Notar Ernst Ronte aus. Hogefeld ist angeklagt, als RAF-Mitglied am Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt beteiligt gewesen zu sein. Außerdem wirft ihr die Bundesanwaltschaft vor, bei ihrer Verhaftung im Sommer 1993 in Bad Kleinen den Tod eines Polizisten mitverschuldet zu haben.

Hogefeld, die bei der Schießerei selbst schon in Arrest genommen worden war, sei als Mitglied der RAF gesamtschuldnerisch verantwortlich durch die Absprache, sich bei Festnahmen grundsätzlich den Weg freizuschießen.

Ronte berichtete dem Gericht als Zeuge vom Hörensagen. Im Frühjahr habe sich, vermittelt durch Hogefelds Verteidiger Berthold Fresenius, „eine Person“ bei ihm gemeldet und ihm von drei längeren Geprächen mit Birgit Hogefeld Ende 1992 und 1993 berichtet. Er könne die Identität „der Person“ nicht preisgeben, da diese sonst Sanktionen wegen der Kontakte zu der RAF-Frau, einer alten Bekannten, befürchte. Er sei von ihr auf dem Weg zur Arbeit angesprochen worden und habe sie erst gar nicht erkannt. Jedenfalls, so Ronte, erinnerte sich der Zeuge daran, daß bei weiteren Treffen auch ausgiebig über Sinn oder Unsinn des bewaffneten Kampfes diskutiert worden sei, den „die Person“ ablehnte.

Zu ihrer „Überraschung“ habe sie bei den „vertrauensvollen und ernsten Gesprächen“ festgestellt, daß Hogefeld dazu eine „ähnliche Meinung“ hatte. Einmal habe sie bei einem Schwimmbadbesuch auch eine Waffe bei der Angeklagten gesehen und nachgefragt: „Willst du damit ein Blutbad anrichten?“

Hogefeld habe „der Person“ erklärt, daß sie das nicht wolle, sondern die Waffe nur trage, um bei einer Kontrolle damit drohen und fliehen zu können. Sie habe damals auch gesagt, „daß sie das nicht könne, mit dieser Schuld weiterzuleben, einen Menschen verletzt oder getötet zu haben“. Ronte schilderte auch seinen kurz nach der Begegnung protokollierten Eindruck von „der Person“. „Ich habe gespürt, wie sie aus innerer Not heraus einen Weg suchte, sich zu offenbaren“, sagte er. Heide Platen

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