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Wieviel Kino braucht Ottensen?

■ Zeise-Wiese: Kommunalpolitiker streiten um Kinositze, Parkplätze und Wohnprojekte

Es ist wie in einem schlechten Film. Vor genau einem Jahr hatte die rot-grüne Bezirkskoalition in Altona grünes Licht für die Bebauung der Ottenser Zeise-Wiese mit mehreren Wohnprojekten gegeben. Doch der damalige Jubel ist mittlerweile in genervte Wartestimmung umgeschlagen. Der längst fällige Baubeginn für 149 Genossenschafts-, Sozial- und frei finanzierte Wohnungen zwischen Erdmannstraße und Am Born droht sich bis zum Sankt-Nimmerleinstag zu verzögern. Denn zum Nachteil dieser Wohnprojekte wird nun ein kommunalpolitischer Streit ausgetragen: um die Anzahl von Kino- und Parkplätzen im geplanten, benachbarten Kinokomplex „Zeise II“ zwischen Behringstraße und Friedensallee.

Die Besitzer des Kinozentrums „Zeise I“ möchten auf dem Nachbargrundstück 1000 neue Kinoplätze bauen. Andernfalls, glaubt Projektplaner Torsten Teichert, sei man nicht konkurrenzfähig gegenüber dem geplanten Kinozentrum in Bahrenfeld. Doch der Bezirk genehmigte lediglich 450 zusätzliche Kinoplätze zu den bereits existierenden 500 in „Zeise I“. Aus gutem Grund: Kinobesucher verursachen Pkw-Verkehr, die engen Straßen in Ottensen aber sind schon verstopft. Aber eine dreistöckige Tiefgarage, die andernfalls nötig wäre, sind die Kinobetreiber nicht bereit zu bezahlen. „Mehr als 1000 Kinoplätze insgesamt sind sozial nicht verträglich“, faßt der SPD-Distriktsvorsitzende Michael Sachs zusammen, was bisher Konsens zwischen Regierungsfraktionen, SPD-Kreisvorstand und -Distrikt war.

Obwohl dieser Streit bislang nicht ausgetragen ist und mittlerweile selbst Stadtentwicklungssenator Mirow beschäftigt, „sprach aus unserer Sicht nichts dagegen, wenigstens die Wohnbebauung auf der Zeisewiese vorab zu genehmigen“, sagt der Geschäftsführer der Altonaer SPD, Stefan Krappa. Entgegen bisheriger Absprachen soll dies nun aber nicht geschehen. Die beiden unterschiedlichen Projekte sollen abhängig voneinander genehmigt werden. Erzielt man keinen Kompromiß im Streit um das Kino, verzögert sich automatisch der Baubeginn für die dringend benötigten Wohnungen.

Und darauf, fürchten AnwohnerInnen, setzen die Kinoeigentümer, um ihr Projekt doch noch durchzusetzen. „Wenn die beiden Projekte miteinander verknüpft werden sollten, ist das eine miese kommunalpolitische Erpressung“, findet Walter Zuckerer, Mitglied im SPD-Distrikt und Vorsitzender des Haushaltsausschusses.

Baurechtlich, hält derweil Steb-Sprecher Bernd Meyer dagegen, „ist etwas anderes leider gar nicht möglich“. Auf dem Gelände, das für den Wohnungsbau vorgesehen ist, hat Teichert nach dem derzeit geltenden Baurecht Anspruch auf 136 Stellplätze. Besteht er darauf, kippt die Wohnbebauung. „Deshalb“, sagt SPD-Kreisvorstand Olaf Scholz nach einem Gespräch mit Senator Mirow, „ist es wichtig, im August eine einvernehmliche Lösung für einen neuen B-Plan hinzukriegen“. Die könne auch so aussehen, „daß etwas mehr als 450 Plätze genehmigt werden“.

Heike Haarhoff

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