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Lehrertransfer Ost-West

■ Hessischer Lehrerverband protestiert lautstark gegen Thüringer Kollegen

Wiesbaden (taz) – Der hessische Kultusminister Hartmut Holzapfel (SPD) echauffierte sich: Die Stellungnahme des Lehrerverbandes (VDL) zum geplanten Einsatz von Grundschullehrern aus Thüringen in hessischen Schulen sei eine „dümmliche Denunziation“, die den „Tatbestand der Verleumdung“ erfülle. Der VDL habe mit seinem angekündigten Widerstand gegen die neuen Kolleginnen und Kollegen aus Thüringen „das Bild vom arroganten Wessi zementiert“.

240 LehrerInnen aus Thüringen sollten nach einer Vereinbarung zwischen beiden Bundesländern in den nächsten Jahren in Hessen ihren Dienst aufnehmen – nur 34 PädagogInnen wollen tatsächlich schon heute den Wechsel vom Osten in den Westen wagen. Für den VDL sind das genau 34 zuviel. In einer Stellungnahme machte der Verband Front gegen die „Billiglehrer zweiter Klasse“, die den arbeitslosen KollegInnen in Hessen die Arbeitsplätze wegnehmen würden. Darüber hinaus monierte der VDL die „mangelhafte Ausbildung“ von Grundschullehrern in der DDR. Das Ausbildungsniveau der LehrerInnen aus dem Osten sei vergleichbar mit dem von „Erzieherinnen und Erziehern in Kindergärten im Westen“. Doch was Holzapfel gestern am meisten in Rage brachte, war die „pauschale Unterstellung von Stasikontakten“ an die Adresse der neuen KollegInnen. Der hessische Kultusminister entschuldigte sich deshalb „förmlich“ bei den GrundschullehrInnen aus Thüringen.

Der VDL dagegen sieht „keinen Anlaß für eine Entschuldigung“. Christa Timpe vom VDL Hessen erklärte gestern, ihr Verband werde auch weiterhin nicht akzeptieren, daß in Hessen offenbar nicht mehr das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelte, sondern jetzt im Westen der Osttarif eingeführt werde. Das ganze sei ein „bildungspolitischer Flop“ und ein Affront gegen alle LehrerInnen auf der Warteliste für den hessischen Schuldienst.

„Alles Unsinn“, sagt dagegen die Sprecherin von Kultusminister Holzapfel, Karin Drda-Kühn. Das Prinzip „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ gelte in Hessen weiterhin: „Osttarif plus Differenzzahlung zum Westtarif plus Reisekosten und Spesen.“ Die KollegInnen aus dem Osten würden sich zusätzlich qualifizieren. BewerberInnen aus Hessen und anderen Bundesländern, die in den hessischen Schuldienst eintreten wollten, würden durch die Vereinbarung zwischen Hessen und Thüringen nicht benachteiligt. „Die Schülerzahlen im Grundschulbereich steigen, und im Gegenzug werden immer mehr LehrerInnen in den nächsten Jahren in Pension gehen.“ Die Rangliste für die Aufnahme in den hessischen Grundschuldienst könne also problemlos abgearbeitet werden. Alle LehrerInnen aus Thüringen, so Drda-Kühn, seien außerdem bereits in Thüringen auf eventuelle Kontakte zur Stasi hin durchleuchtet worden. Klaus-Peter Klingelschmitt

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