: Bundeskabinett stimmt Haushaltsentwurf 97 zu
■ Kritik auch aus den Reihen der FDP: Sie sieht den Beitritt zur Währungsunion gefährdet. SPD-Chef Lafontaine spricht von einem „Haushalt der Arbeitslosigkeit“
Bonn (AFP/dpa) – Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf von Finanzminister Theo Waigel (CSU) für den Haushalt 1997 einstimmig gebilligt. Waigel sprach anschließend von einem „Haushalt der Verantwortung“. Waigel will die Staatsausgaben im kommenden Jahr um 2,5 Prozent auf rund 440 Milliarden Mark senken. Vor allem die Ressorts Verteidigung, Wirtschaft und Verkehr sind von Sparmaßnahmen betroffen. Trotz Kürzungen bleibt der Sozialbereich mit 122 Milliarden Mark größter Einzeletat. Die Neuverschuldung soll bei 56,5 Milliarden liegen; für 1997 erwartet Waigel ein Wirtschaftswachstum von 2 bis 2,5 Prozent. Entgegen der ursprünglichen Pläne Waigels soll es beim Wohngeld im kommenden Jahr Erhöhungen geben, die aber durch Umschichtungen innerhalb des Wohngeld-Topfes finanziert werden.
Waigel hob hervor, es sei trotz der Einsparungen gelungen, den Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben konstant zu halten. Auch die geplante Senkung des Solidaritätszuschlages bliebe finanzierbar. Mit Blick auf die geplante EU-Währungsunion sagte Waigel, der Grenzwert des Maastrichter Vertrages für das Staatsdefizit von 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werde voraussichtlich um 0,5 Prozentpunkte unterschritten. Voraussetzung seien allerdings Einsparungen bei Ländern, Kommunen und beim Bund von etwa 25 Milliarden Mark.
Die FDP sieht das nicht so. „Die Neuverschuldung übersteigt die alte Finanzplanung um 7 Milliarden Mark, womit Deutschlands Beitritt zur Europäischen Währungsunion gefährdet ist“, erklärte der Haushaltssprecher der FDP- Bundestagsfraktion, Wolfgang Weng. Zwar gingen die Ausgaben 1997 gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent auf 440,2 Milliarden Mark zurück. Doch seien auf der anderen Seite die Einnahmeerwartungen ebenfalls reduziert worden. Dies lasse die Neuverschuldung auf 56,5 Milliarden Mark wachsen. Bei den Beratungen im Bundestag würden alle nur erdenklichen Einsparmöglichkeiten genutzt.
SPD-Chef Oskar Lafontaine erklärte, der Etatentwurf sei ein „Haushalt der Arbeitslosigkeit und der Staatsverschuldung“. Die geplanten Kürzungen bei Forschung, Bildung und Investitionen seien ein schwerer Fehler. „Sie werden zu einem weiteren Anstieg von Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung führen.“
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