VHS-Hackfleischverordnung?

■ Ein Grundsatzstreit in der Bezirksversammlung Mitte Von Silke Mertins

Auch in den Niederungen der Hamburger Politik kann es zuweilen hoch hergehen. Im Kerngebietsausschuß Hamburg-Mitte zum Beispiel. Mit der Frage: „Warum im Hafen schippern und nach Bomben buddeln, wenn die Probleme auf der Straße liegen?“ schreckte die GALierin Stefanie Neveling die seit Jahren gemütlich vor sich hin arbeitenden Ausschußmitglieder auf. Denn: Ginge es nach der GAL, sollte man sich in dem einzigen öffentlichen Ausschuß des Bezirks entweder mit „relevanten“ Themen beschäftigen – oder aber die Arbeit einstellen.

Zur „Selbstbeschäftigungstherapie“ und „privaten Bildungsveranstaltung für Abgeordnete“ würde der Kerngebietsausschuß verkommen, wenn man sich etwa mit der Hackfleischverordnung, einer Ausflugsfahrt mit der Senatsbarkasse oder der Arbeit des Kampfmittelräumdienstes („es gibt keine akuten Kampfmittelräumgebiete im Kerngebiet“) beschäftigt.

Dagegen möchte sich Ausschußmitglied Markus Schreiber (SPD) energisch verwahren. „Die von der GAL haben den Schuß nicht gehört“ und möglicherweise auch „nicht alle Tassen im Schrank“, in jedem Fall aber seien die Vorwürfe „bösartig und von Unwissenheit geprägt“. Zumal die GAL bei den Sitzungen des Kerngebietsausschusses durch „regelmäßige Abwesenheit“ glänze.

Sonst nämlich müßten die Grün-Alternativen mitbekommen haben, daß sich der Kerngebietsausschuß schon längst mit all den Themen beschäftigt habe, die Stefanie Neveling in ihrem Papier vorschlägt. „Zugegeben, es gibt spannendere Dinge als den Kerngebietsausschuß“, sagt SPDler Schreiber hintergründig, „zum Beispiel ins Kino gehen oder auf –ner grünen Wiese liegen...“

Außerdem sei es wohl das Problem der GAL, wenn sie die politische Relevanz des Themas „Aufgaben der Lebensmittelkontrolleure“ nicht begreife oder ihr entgangen sei, daß St.Pauli am Hafen liege.

Das wiederum weist Stefanie Neveling in scharfer Form zurück; die GAL habe sehr wohl regelmäßig am Kerngebietsausschuß teilgenommen. Aber das Thema Hafen liege zum Beispiel „außerhalb jeder Bezirkskompetenz“. Statt auf dem Wasser herumzutuckern, möchte sie lieber die BürgerInnen aus Hamburg-Mitte mit interessanten Themen zur Teilnahme an den öffentlichen Ausschüssen bewegen. Um sich von Behördenreferenten über die Schönheiten von Planten und Blomen aufklären zu lassen, sei der Ausschuß nämlich viel zu teuer – 25.920 Mark im Jahr –, und außerdem eher ein Fall für die Volkshochschule.

Bei derartigen Vorwürfen hilft ja nichts; da müssen SPD und CDU zusammen halten. „Arrogant“ findet der CDU-Abgeordnete Drews das Ansinnen der GAL-Fraktion und empfiehlt der Kollegin Neveling – mit Verweis auf seine 8jährige Zugehörigkeit –, erst einmal etwas länger mitzuarbeiten, bevor sie sich rausnimmt, den Ausschuß mit derartigen Vorwürfen zu belästigen.

Irrelevanz hin, Aufregung her, es bleibt alles wie gehabt: Ent- und geschlossen erklärten SPD- und CDU-Vertreter die Arbeit des Kerngebietsausschusses für effektiv und das GAL-Papier für erledigt.