: Brötchenduft ade
■ Das Steintor verliert seinen Backofen / Tenter's baut in Mahndorf / Am alten Standort entstehen Altenwohnungen
Das Viertel verliert seinen Backofen. Gestern haben Manfred Tenter und Wirtschaftssenator Hartmut Perschau den Grundstein für die neue Brötchenfabrik des traditionellen Steintor-Bäckers gelegt. Im Gewerbegebiet am Bremer Kreuz hatte die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft nach längerer Fahndung doch noch ein knapp 10.000 Quadratmeter großes Grundstück gefunden, um Tenter seine Abwanderungspläne ins niedersächsische Umland auszutreiben. Runde 250.000 Mark Subvention für das Grundstück und weitere Zuschüsse für den Neubau der Brotfabrik versüßen diesen Entschluß des inzwischen größten Bremer Bäckereibetriebs.
„Im Herzen sind wir Bremer Bäcker, und hier in Mahndorf können wir es bleiben“, sagte Tenter gestern. Viel Herzschmerz hat ihn der Abschied aus dem Steintor, wo hinter dem Fundamt bereits seit Februar 1886 Brot gebacken wird, nicht gekostet. „Wir hatten in der alten Fabrik einfach keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr“, sagt der Chef des Familienunternehmens, „außerdem hat uns die Verkehrssituation im Viertel immer stärker behindert“. Zulieferer seien in den engen Steintor-Gassen steckengeblieben, AnwohnerInnen beschwerten sich immer wieder über den Lärm der Lieferfahrzeug am frühen Morgen.
Mit solchen Widrigkeiten wird Tenters am Bremer Kreuz keine Sorgen mehr haben. Eher schon mit dem Stau auf dem Weg zu seinen 16 Filialen in der Stadt, zwei davon liegen direkt um die Ecke der Steintor-Fabrik. Auch der zweite bisherige Tenters-Standort in Habenhausen wird mit Fertigstellung der neuen Fabrik aufgegeben. Mit einer Produktion von bis zu 55.000 Brötchen an Samstagen ist Tenters dann „der modernste und größte Bäcker Bremens“, lobte Wirtschaftssenator Hartmut Perschau beim Grundsteinlegen. Zu dieser Stellung kommt Tenter allerdings nicht durch den eigenen Umzug, sondern durch die Verlagerung seines Konkurrenten, der Großbäckerei Garde, von Bremen nach Niedersachsen.
Schon 1924 unterhielt das Familienunternehmen im Steintor acht Pferdewagen und sechs motorisierte Laster zum Ausfahren der Brötchen. Groß wurde der Betrieb in dieser Zeit allerdings noch nicht mit dem Verkauf in Filialen, sondern mit der Belieferung von Schiffen. Das trockene, zwiebackähnliche „Schiffsbrot“ war denn auch die erste Spezialität des Hauses Tenter. Der Norddeutsche Lloyd und die Heringsfischer in Vegesack zählten zu den größten Kunden.
Erst in den 30er Jahren kam das in Bremen inzwischen berühmte „Oberländer-Brot“ zum Sortiment dazu. Nach schwerem Bombenschaden im Krieg wurde die Traditionsbäckerei von der Währungsreform 1948 an langsam immer größer. Zwischen 1967 und 1973 wurden die technischen Anlagen modernisiert, seit Ende der 70er Jahre bietet Tenter ein ganzes Brotsortiment von Weiß bis Vollkorn und die Filialen wurden in „Tenter's Backhaus“ umbenannt.
In den 4,7 Millionen Mark teuren Neubau nimmt Tenter nur noch die hohen „Stickenöfen“ mit, die eigentlichen Backöfen und Backstraßen werden ebenso wie das gesamte gründerzeitliche Fabrikgebäude nach dem für Ende des Jahres geplanten Umzug abgerissen. Auf dem Gelände will die Bremer Heimstiftung eine Altenwohnanlage bauen, alle Verträge sind bereits unter Dach und Fach.
„Mit dem historischen Gebäude hätte man eigentlich mehr machen können“, findet Viertel-Ortsamtsleiter Robert Bücking. Aber Geld für ein neues Kultur- oder Bürgerzentrum ist eben derzeit nicht in Sicht. Ase
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