: Klein-Hollywood feiert sich in Spandau
■ Artur Brauners CCC-Studios wurden 1946 gegründet. Die Zeit der großen Stars in den Spandauer Studios ist lange vorbei. Heute wird meist im Ausland gedreht
Es war wie Hollywood in Deutschland – vor 50 Jahren begründete Artur Brauner in Berlin sein Film-Imperium. In den CCC- Studios der „Central Cinema Company“ standen Weltstars wie Heinz Rühmann, Romy Schneider, Sonja Ziemann und Hans Albers vor der Kamera. Zum Jubiläum führt Filmproduzent Brauner am 26. Juli persönlich durch die historischen Stätten in Spandau. Wo mehr als 500 Streifen von „Old Shatterhand“ bis „Der brave Soldat Schwejk“ entstanden, ist heute jedoch nicht mehr allzuviel los – gedreht wird oft im Ausland.
Gerade erst hat der 77jährige Brauner den Kinofilm „Von Hölle zu Hölle“ beendet, der das dramatische Schicksal einer jungen jüdischen Familie in den Jahren 1938 bis 1946 in Polen nachzeichnet. Als Drehorte wählte er Königsberg und Minsk wegen der authentischen Atmosphäre aus, aber wohl auch, weil dort die Produktionskosten niedriger sind.
Am Originalschauplatz in Zehlendorf verfilmte Brauner im letzten Jahr kurz nach dem Geiseldrama den Tunnelgangster-Coup. Der Fernsehfilm „Superbrain“, bei dem die Täter nach einer Geiselnahme in der Bank durch ein unterirdisches Tunnelsystem entkamen, blieb jedoch unter den Zuschauererwartungen. Das nächste Projekt steht schon fest: die Neuverfilmung des „Golem“ von Gustav Meyrink.
„Atze“ Brauner, wie ihn die Filmwelt nennt, prägte in den fünfziger und sechziger Jahren den deutschen Nachkriegsfilm. Nachdem er gegen Kriegsende aus einem Konzentrationslager der Nazis in Ostpolen geflohen war, kam er 1946 nach Berlin und gründete im selben Jahr seine Filmgesellschaft. Praktisch aus dem Nichts entstand ein florierendes Unternehmen. Brauner war alles in einem: Atelierchef, Dramaturg, Besetzungsboß und Buchhalter.
„Der Tiger von Eschnapur“, „Mädchen in Uniform“ und zahlreiche Unterhaltungsfilme mit Peter Alexander und Caterina Valente begeisterten das Publikum. Anfang der siebziger Jahre drohte die Fernsehkonkurrenz den mächtigsten deutschen Produzenten jedoch in den Ruin zu stürzen. Die berühmten CCC-Studios hielten nur noch einen Notbetrieb aufrecht. In den achtziger Jahren konzentrierte sich Brauner dann auf politische und sozialkritische Produktionen. 1989 entstand der umstrittene Film „Hitlerjunge Salomon“ von Agnieszka Holland, der von der deutschen Auswahlkommission erst nach Interventionen von Brauner für den „Oscar“ nominiert wurde. Die Geschichte eines jüdischen Jungen, der das Dritte Reich überlebte, weil er sich als Hitlerjunge ausgab, stieß im Gegensatz zu Deutschland in den USA auf große Zustimmung. Brauner gilt neben Produzent Horst Wendlandt auch als Vater der Karl-May-Filme. Von „Der Schut“ bis „Old Shatterhand“ verfilmte er in den Sechzigern zahlreiche der Abenteuerromane. Elke Vogel
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