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Die Welt wird immer ungerechter

UNDP-Bericht: Einkommensunterschiede in letzten Jahrzehnten verdoppelt. 89 Staaten geht es schlechter als vor zehn Jahren. Bildungschancen noch ungerechter verteilt als Geld  ■ Von Uwe Kerkow

Bonn (taz) – Die weltweite Kluft zwischen Reichen und Armen wächst von Tag zu Tag. Die Einkommensunterschiede haben sich in den letzten Jahrzehnten verdoppelt. Das stellt der diesjährige „Bericht über die menschliche Entwicklung“ des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen (UNDP) fest. Die 358 Dollar- Milliardäre verfügen über mehr Geld als die ärmsten 45 Prozent der Weltbevölkerung – rund drei Milliarden Menschen. 89 Ländern geht es schlechter als Mitte der achtziger Jahre. Und auch die Ungerechtigkeit in den Industrieländern zwischen Wohlhabenden und Armen nimmt stetig zu.

Der gestern in Bonn vorgestellte UNDP-Bericht bleibt aber nicht bei der Aufzählung der mannigfaltigen Ungerechtigkeiten stehen. Die Autoren der Studie befassen sich mit den Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaftswachstum und menschlicher Entwicklung. Für ihre Analyse entwickelten die UNDP-MitarbeiterInnen einen neuen Index. In ihn flossen die Zahl der unterernährten Kinder unter fünf Jahren ebenso ein wie die Rate weiblicher Analphabeten. So kann geschätzt werden, ob eine Gesellschaft das Einkommen einigermaßen gerecht verteilt. Schon der Mittelwert aller Entwicklungsländer zeigt, wo das Problem liegt: Während nach einkommensbezogenen Maßstäben 21 Prozent der Menschen im Süden arm sind, leiden nach Angaben von UNDP 37 Prozent unter einem Mangel an Befähigungen. Inge Kaul, die den Bericht vorstellte, wertete das als Beweis, daß die Chancen noch ungerechter verteilt sind als das Einkommen.

Zwar hält die UNDP wirtschaftliches Wachstum für eine Voraussetzung menschlicher Entwicklung. Wichtiger ist der Organisation jedoch die Feststellung, daß mangelnde menschliche Entwicklung auch ein „nachhaltiges“ Wirtschaftswachstum gefährdet. Zum Beispiel Bildung: In Südkorea lag das Einkommen 1960 auf gleichem Niveau wie das Pakistans, allerdings gingen 94 Prozent der südkoreanischen Kinder damals zur Schule, während es in Pakistan nur 30 Prozent waren. Die Autoren des Berichtes schätzen, daß das Brutto-Inlandsprodukt pro Kopf in Südkorea heute um 40 Prozent niedriger läge, wenn die Einschulungsquote damals so niedrig wie in Pakistan gewesen wäre.

Politisches Versagen bestimmt wesentlich die Situation der Entwicklungsländer, die heute schlechter dastehen als in den 60er oder 70er Jahren. So haben sich in Afrika die Militärausgaben seit 1960 vervierfacht – auf heute 800 Milliarden US-Dollar jährlich. Von den sechs Milliarden Dollar, die für ländliche Kredite bereitgestellt werden, erhalten Frauen nur fünf Prozent.

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