: Ein gewissenhafter Sponti aus Frankfurt
■ Der Bündnisgrüne Tom Stryck wird die rechte Hand von SPD-Schulsenatorin Stahmer
Ein bißchen hastig, ein bißchen leptosom, schmal und ganz unauffällig flitzt der 45jährige Tom Stryck durch die Einkaufszone im Frankfurter Stadtteil Bornheim. Über 20 Prozent der Bevölkerung wählen hier grün. Seine Parteifreunde, der Kämmerer Tom Koenigs und der Stadtverordnete Lutz Sikorski, sind hier ebenfalls auf Einkaufsbummel, begrüßen, winken, halten ihre Audienzen. Wenn Stryck dazukommt, steht er eher bescheiden daneben, wartet ab, bis er wirklich etwas zu sagen hat. Stryck, Lehrer, vereint den Widerspruch sozusagen in sich. Er sei, sagen Freunde, „ein gewissenhafter Sponti“.
Sponti? Das sei, meint er über sich selber, „dummes Zeug“. Nein, auch kein Realo, eher sei er „bekennender Realist“ und schon „immer definitiv undogmatisch“ gewesen. Stryck gilt auch bei seinen wenigen Gegnern als überlegt und verläßlich. Er ist in Frankfurt zwar dem realpolitischen Flügel um Joschka Fischer zuzurechnen, aber nie dessen widerspruchsloser Parteigänger gewesen. Und schon gar nicht opportunistisch. Stryck, in Bielefeld geboren, machte in Gütersloh das Abitur. In Kiel studierte er zwei Jahre lang Deutsch, Philosphie und Geschichte, ehe er 1972 nach Frankfurt wechselte. Dort absolvierte er sein Staatsexamen für das höhere Lehramt. Mitte der achtziger Jahre trat er bei den Grünen ein und stürzte sich gleich in einen turbulenten Kommunalwahlkampf.
1989 holte ihn Schuldezernentin Jutta Ebeling (Bündnis 90/Die Grünen) als Referenten ins Schulamt. Seit 1991 ist er Amtsleiter. Stryck arbeitete in der Bremer Schulreform-Kommission mit und ist überregional für die bundesdeutschen Städte und Gemeinden einer der Experten für Schulautonomie und Verwaltungsreform. Schuldezernentin Ebeling läßt ihren Amtsleiter nur ungern vom Main an die Spree gehen: „Ich bedaure den Verlust.“ Verstehen kann sie den Wechsel aber durchaus: „Das ist eine Herausforderung. Das hat alles viel größere Dimensionen.“ Und vor schwierigen Aufgaben hat sich Stryck auch bei ihr nie gedrückt. Er sei, beschreiben ihn Kollegen, „ein richtiges Arbeitstier, ein absoluter Schaffer, fast ein Worcaholic“.
Aber einer, der den Freuden des Lebens doch nicht abgeneigt sei, guten Wein, Essen und Trinken, vor allem in Italien, zu schätzen wisse. In seiner fast preußischen Pflichtauffassung habe er eine gewissen Ähnlichkeit mit seinem Parteifreund Tom Koenigs. Das Sparen hat Stryck in Frankfurt mit Beharrlichkeit und auch gegen heftige Widerstände aus der eigenen Partei geübt. Die Rasenmähermethode, hier ein bißchen, da ein bißchen, ist ihm, wissen inzwischen auch betroffene Lehrer, ein Greuel.
Der analytische Verstand von Stryck verlange nach Strukturen, bei denen „auch mit weniger mehr zu machen ist“: „Da hat er sehr klare Vorstellungen.“ Die verwandelte er in Frankfurt mit Geduld, Ausdauer und langem Atem in das Konzept der Budgetierung der Schulen. Die verfügen nun über einen, wenn auch noch kleinen Etat, den sie selbst verwalten dürfen. Und mit dem sie auskommen müssen. Er habe sich, meinen auch ehemalige Kritiker anerkennend, von anfänglichen Protesten „nicht so leicht beirren lassen“. Stryck sagt von sich selbst: „Ich bewege gerne.“
Ein politisches Mandat hat er, auch deshalb, nie angestrebt. Jedenfalls ist er stolz darauf, nicht auf „das Ticket der Partei“, sondern ab September als Experte nach Berlin zu reisen. Die Aufgaben, die dort auf ihn zukommen werden, hält er „für bewältigbar“. Heide Platen (Frankfurt/M.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen