: Belgrad kommt die Schlüsselrolle zu
■ Holbrooke trifft auf seiner Balkan-Mission mit Serbiens Präsident Milosevic zusammen. Die Nato fordert von Serbien die Festnahme von Karadzic und Mladic. OSZE setzt Frist zum Rücktritt bis morgen
Belgrad (AFP)/taz) – Die USA hat gestern ihre Anstrengungen fortgesetzt, um die bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić und Ratko Mladić zu entmachten. Der amerikanische Bosnien-Beauftragte Richard Holbrooke verlangte gestern in Belgrad, Karadžić nicht nur zu entmachten, sondern auch zum Verlassen Bosniens zu zwingen. Holbrooke stellte diese Forderung nach Angaben von Diplomaten bei seinem gestrigen Treffen mit dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević.
Milošević kommt eine Schlüsselrolle bei der Auslieferung der beiden mutmaßlichen Kriegsverbrecher zu. Die Entmachtung von Karadžić und Mladić gilt als wichtige Voraussetzung für die Wahlen in Bosnien, die für den 14. September angesetzt sind.
„Wir wollen sehen, was zur Förderung des Friedensprozesses getan werden kann“, sagte Holbrooke bei seiner Ankunft in Belgrad. Milošević habe den Friedensvertrag von Dayton für die Bundesrepublik Jugoslawien und für die Serbische Republik in Bosnien unterzeichnet. Die bosnischen Serben verletzten die zivilen Bestimmungen des Dayton-Abkommens so schwer wie keine andere Konfliktpartei, sagte Holbrooke. Der Architekt des Dayton-Abkommens gilt als harter Verhandlungspartner. Holbrooke könnte Belgrad mit erneuten Wirtschaftssanktionen drohen. Diese waren zu Beginn des Jahres ausgesetzt worden. Am Spätnachmittag wollte Holbrooke in Zagreb mit Kroatiens Präsident Franjo Tudjman verhandeln.
US-Vertreter in Sarajevo sagten, die kurze Mission werde kaum dazu führen, daß Karadžić und Mladić umgehend vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erscheinen. Holbrooke könne keine „Kaninchen aus dem Hut zaubern“. Das Haager Tribunal hatte vergangene Woche internationale Haftbefehle gegen die beiden Serbenführer ausgesprochen. Nach dem Dayton-Abkommen dürfen mutmaßliche Kriegsverbrecher kein politisches Amt bekleiden und nicht kandidieren.
Der Bosnien-Gesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Robert Frowick, forderte erneut den Rücktritt von Karadžić vom Vorsitz der Serbischen Demokratischen Partei (SDS). Laut Berichten der Belgrader Agentur Beta setzte Frowick für den Rücktritt eine Frist bis morgen. Andernfalls werde die SDS nicht zu den Wahlen zugelassen. Bosniens Präsident Alija Izetbegović hatte mit einem Wahlboykott gedroht, sollte Karadžić an der Macht bleiben.
Ifor-Kommandeur Smith sagte in Brüssel über einen Nato-Einsatz gegen Karadžić und Mladić: „Dies wäre ein höchst riskantes Unternehmen. Sie können nicht einfach an die Tür klopfen und sagen, ich komme, um einen Haftbefehl zu vollstrecken.“ Nach Ansicht von Nato-Generalsekretär Javier Solana liegt die Verantwortung für die Verhaftung der beiden Serbenführer bei den Serben in Bosnien und Belgrad. Solana will den Druck auf die Serben erhöhen.
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