: Coup mit der Klappe
■ „Herzklappenskandal“: UKE und Krankenhäuser üben Zurückhaltung
Für die Hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG) und das Universitätskrankenhaus Eppen-dorf (UKE) ist im sogenannten „Herzklappenskandal“ noch alles offen. „Uns wurde lediglich mitgeteilt, daß zehn Hamburger Krankenhäuser beteiligt sein sollen und daß es 78 Beschuldigte gibt“, erklärte der stellvertretende Geschäftsführer der HKG, Horst Judaschke, gestern. Ob darunter die drei führenden Herzzentren der Hansestadt (UKE, Albertinenkrankenhaus und AK St. Georg) sind, wisse man nicht. Und schon gar nicht wolle man durch Pauschalurteile in ein schwebendes Verfahren eingreifen.
Laut Staatsanwaltschaft Wuppertal sollen darin allerding bundesweit 418 Krankenhäuser, darunter alle Universitätskliniken, verwickelt sein. Die Vorwürfe: Vorteilsnahme beziehungsweise Bestechlichkeit, Betrug und Untreue.
Für Herzklappen beispielsweise, die in den USA rund 2000 Mark kosten, seien in Deutschland bis zu 6000 Mark abgerechnet worden. Überteuerte Preise habe es aber auch für Herzschrittmacher und andere medizinisch-technische Produkte gegeben. Den Krankenkassen sei dadurch ein Schaden von mindestens 33 Millionen Mark in 11.000 Fällen entstanden, rechnete die Staatsanwaltschaft vor. Die im Raum Düsseldorf/Neuss ansässigen Firmen St. Jude Medical, Sorin Biomedica und Medtronic sollen den MedizinerInnen und TechnikerInnen der Kliniken Bares, Luxusreisen oder üppige Geschenke geboten haben, um ihnen ihre Produkte schmackhaft zu machen.
Zwei Jahre lang hatte die Wuppertaler Staatsanwaltschaft ermittelt. In diesen Wochen sollen die rund vier Millionen Blatt Aktenmaterial an die zuständigen Generalstaatsanwaltschaften versandt werden. Bei der Staatsanwaltschaft in Hamburg ist noch nichts eingegangen, wie Pressesprecher Rüdiger Bagger gestern versicherte.
Weniger zurückhaltend als HKG und UKE äußerten sich gestern die Ersatzkassenverbände. „Daß der Sumpf so groß ist, haben selbst wir nicht erwartet“, kommentiert Vorstandsmitglied Werner Gerdelmann den „Herzklappenskandal“.
Patricia Faller
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