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Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 6

Immer wenn sie im Dunkeln aus dem Stall stoben, die Nacht zum Tanz, den Tag zum Schwanz machten, schworen sie sich sehr laut, so daß es Afram zu Ohren kam: Keine anderen Männer! Afram hatte also keine Chance für die Liebe. Sein Herz blieb Sumpf. Ein Haus weiter behinderte Aframs Blickwinkel den Einstieg seines Blickes in die Fenster. Aber hinter einer Scheibe Leben starb der Tag bereits am frühen Morgen aus. In einer Zwangsjacke aus geblümten Tapeten hausierte eine Frau mit ihren zwei Töchtern. Afram sah jeden Morgen, daß die Töchter ihre Mutter mit einem Gutenmorgenlied in den Tag sangen, bis sie zu schlafen schien. Dann schminkten sich die Schwestern mit den Lippen von Huren, die Augen von St. Georg, das richtige Alter auf, und sie gingen ne Mark auf dem Hansa-Platz machen. Gegenüber lag ein besetzter Wohnblock. Er wehrte sich nicht. Null Block. Er hatte auch keinen netten und ordentlichen Hausmeister wie alle anderen Häuser in dem Viereck der seine Wunden leckte oder seine Wände wärmte. Man sah ihm bereits die Krankheiten wie den pilzigen Mauerschwamm und den gemeinen Holzbock an. Afram sah in diesem Block ein verspätetes New-Wave-Pärchen durch ein enthäutetes Zimmer schleichen. Er fragte sich, wie sie den katastrophalen Zustand der Wohnung nur aushalten konnten. Verschlimmert wurde das Ganze noch dadurch, daß die Frau offensichtlich ein chronisches Leiden hatte. Afram konnte das, selbst auf diese Entfernung, an der teilnahmslosen Art, wie sie da drüben herumlief, erkennen; den ganzen Tag im Bademantel, ohne sich richtig anzuziehen. Und immer wenn ihr junger Freund auf die Straße ging, wellte sie sich Locken in ihre abgerissenen orangen Strähnen und färbte sich das Haar blond. Mal rot. Gleich bunt. Aber diese Geschichte verfolgte Afram nicht weiter. Ein anderer hatte sie schon geschrieben; hatte man Afram gesagt. Afram schwamm immer wieder in den Schicksalen fremder Menschen mit. Und sich dabei irgendwie frei. Und das auch noch mit Liebe. Schließlich war es besser nicht allein, mit einem Damokles als Freund, auf dieser Welt zu sein. Plötzlich klebte Aframs Blick an einem Tatort fest: In der Tiefe des Hinterhofs. Tatzeit: zehn vor Reality-TV! Das Opfer: Herbert. Herbert Schmackes. Ein Widerstandskämpfer aus dem zweiten Weltkrieg. Aus dem ehemaligen O-3060 Magdeburg. Aber der Frühling hängte mit seinem frischen Grün den Rest der Szene ab. Aframs Augen strengten sich an, durch das Dickicht zu dringen. Aber der Wind spielte nicht für Afram, sondern nur für den Tanz der Blätter.

Afram verlor Herbert aus den Augen: Herbert, der alle Nachbarn liebte. Einer, der nicht ernst genommen wurde. Einer, der Afram immer einen Gruß mit der Hand schickte. Ich habe etwas gesehen! behauptete Afram laut. Und ich sehe mal etwas, was du sehen sollst! schaltete sich Zensor sofort in die Ermittlungen ein. Schon fing Afram Ohrfeigen aus dem psychosomatischen Nichts. Seine Ohren tränkten sich rot.

Ich habe gesehen wie Herbert Schmak- kes, aberte Afram auf. Falsch, falsch, falsch, das hast du nicht gesehen! sprach Zensor Recht und Ordnung. Afram fing wieder Ohrfeigen aus dem psychosomatischen Nichts. Und seine Ohren kochten. Er hatte nichts gesehen. Nichts gesehen. Nichts. Afram schlief auf der Stelle mit offenen Augen ein. Sein Kopf klebte an der Scheibe, die Hände säulten auf dem Fensterbrett und sein Blick; war irgendwie erloschen. Das letzte Bild: Über Aframs Füße floß Erbrochenes.

Das erste eingesprungene

Kapitel von der Datenbank!

Zu einer anderen, aber gleichen Zeit und ohne Fall, muß Brook einen Informanten besuchen. Vielleicht konnte Informant in der Zukunft etwas lesen! Wer weiß!?

Eine Brise Fisch schüttelte Brooks Nasenhaare durch und durch. Er stand an einem Kai; der Kai seines Informanten. Das Elbwasser klatschte laut Applaus gegen die Mauer des Kais, immer wenn der Informant einen Braunen aus dem Wasser zog.

(Fortsetzung folgt)

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