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Kriminaler Film-Nachwuchs

Teenies, Stars und Eiscreme: Stephanie Grau dreht Kinderkrimi „Das Geheimnis auf dem Schweinesand“ / Am Drehort war  ■ Philip Banse

Die Sonne brennt auf den Set. Gunda, 13, hat ihren Kopf mit einer Kapuze bedeckt. Sie sprüht Luc, Jo und Joa Eis-Spray auf ihre Fußsohlen, damit sie sich auf dem heißen Elbstrand nicht die Füße verbrennen. Feli, 11, schlägt sich ein weißes Handtuch um den Kopf und robbt zu ihren Freunden in den Schatten eines Baumes. „Wir dürfen auf keinen Fall brauner werden“, gibt sich die kakaobraune Feli professionell und schmunzelt. „Das gibt sonst Anschlußprobleme.“ Drehpause.

Diesmal, weil die Sonne ungünstig steht und das Mikro ständig einen Schatten auf die Akteure wirft. Während das Filmteam tüftelt, lungern die Jungstars, die allesamt aussehen, als werde hier ein H&M-Katalog produziert, matt im Kühlen. Feli, Gunda, Luc und Joa, beide 14, sind nicht nur in dem abendfüllenden Kinderkrimi eine Clique – Jo ist erst seit den Dreharbeiten dabei. Die Hanseaten-Kids treffen sich seit sechs Jahren an freien Nachmittagen in der Theaterschule Zeppelin, angeleitet von der Hamburger Regisseurin Stephanie Grau. Die arbeitet seit Mitte Juli an ihrem ersten Kinofilm Das Geheimnis auf dem Schweinesand (Arbeitstitel), den sie bis Mitte August abgedreht haben will. Wann er ins Kino kommt? Produzent Peter Stockhaus: „Schaun mer mal. Einen Verleih haben wir noch nicht.“

Das Geheimnis ... erzählt die Geschichte des Teenies Alexa. Sie fühlt sich von Vater und Mutter vernachlässigt und will nun ihre Eltern herausfordern. Dazu inszeniert sie ihre eigene Entführung und versteckt sich auf der Elbinsel Schweinesand. Zu Unrecht wird der verträumte Penner Figaro der Tat verdächtigt. Doch seine Freunde, die Clique um Feli und Jo, helfen ihm aus der Bredouille ...

Geboren wurde die Idee zu dem 250.000-Mark-Film vor zwei Jahren in Dänemark. Theaterfrau Grau scharte dort die Kindertruppe aus ihrer Hamburger Theaterschule Zeppelin in einem Strandhaus um sich und ließ die Kinder schreiben. Sie habe mit dem Film einer „Gesellschaftsordnung, in der Geld mehr zählt als Liebe, etwas entgegensetzen“ wollen, erzählt sie. Außerdem, gesteht sie, liebe sie Kalle Blomquist. Das Drehbuch sei dennoch ganz aus den Ideen der Kids entstanden. Der Film von Kindern für Kinder ist der Hamburger Filmförderung 180.000 Mark wert. „Eine tolle Idee“, findet Barbara Milde, Mitglied des Fördergremiums.

Davon muß auch Jörg Pleva, neben dem Tatort-Kommissar Martin Lüttge der zweite TV-Prominente im Team, überzeugt sein. Er spielt den Penner Figaro. Gage bekommen weder er noch Lüttge. In Wollpullover und Dreitagebart döst er abseits der Kinder im Sand und wartet, daß die Szene endlich abgedreht werden kann. „Nachwuchsarbeit“ sei das alles. Und „toll“ findet er, wie seine Zöglinge, für die der Film erstmal „Fun“ ist, sich nach den langen Unterbrechungen immer wieder „auf den Punkt konzentrieren“ könnten. „Das ist jedesmal eine Premiere.“

Endlich geht's weiter. Kurze Regiebesprechung. Jo soll entdecken, daß das Ruderboot der Clique verschwunden ist. Die Regisseurin beschwört ihre HeldInnen: „Euer Ausflug ist im Eimer, versteht ihr?“ Ein Klaps auf den Po – „Und Achtung, bitte!“ Jo ist überzeugend. Er sieht den Film als „Sprungbrett“ und brüllt, daß sich seine Stimme überschlägt: „Das Boot ist weg! Das Boot ist weg!“ Bei den anderen will sich noch nicht das rechte Entsetzen einstellen. Gunda sehnt sich genervt ins Theater: „Diese Unterbrechungen! Wolke vor der Sonne, Mikro im Bild! Ich kann mich da nicht reindenken.“

Stephanie Grau nimmt sie in den Arm. „Okay, wenn die Wolke weg ist, nochmal. Jeder auf seinen Platz!“ Als die Szene im Kasten ist, kommt der Team-Koch über den Strand gelaufen. „Das ist Erwin“, flüstert Gunda aufgeregt. „Ohne den würde ich hier nichts machen.“ Erwin bringt Eis. Langnese hat eine ganze Truhe davon und 20.000 Mark gespendet. „Die Kinder ham–s gleich ausgerechnet“, weiß er, „jeder kriegt fünf Eis am Tag“.

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