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Adoption abgelehnt

■ In Großbritannien müssen Tausende befruchtete Eizellen zerstört werden

Berlin (taz) – Rund 4.000 tiefgefrorene Embryonen müssen noch diesen Monat in Großbritannien vernichtet werden. Diese Entscheidung traf die britische Aufsichtsbehörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) am Montag nach wochenlangem Gezerre. Nach einem Gesetz von 1990 dürfen Eizellen, die bei einer künstlichen Befruchtung übriggeblieben sind, maximal fünf Jahre aufbewahrt werden. Nur wenn die ErzeugerInnen es fordern, können die in einem Zwei- oder Vierzellstadium eingefrorenen Eizellen bis zu zehn Jahren gelagert werden, in wenigen Ausnahmefällen noch länger.

Die Fertilisationskliniken hatten versucht, alle Paare, von denen noch Embryonen vorhanden sind, anzuschreiben und um eine Entscheidung gebeten. Nach Angaben der HFEA reagierten die Eltern nicht, oder ihr Verbleib konnte nicht mehr ermittelt werden.

Abtreibungsgegner und Lebenschützer, die das Ganze als eine „skandalöse Vernichtung menschlichen Lebens“ bezeichneten, forderten eine Freigabe der Eizellen zur Adoption. Diese Option wurde von der HFEA zurückgewiesen. Nach Meinung der HFEA-Vorsitzenden Ruth Deech widerspreche dieser Vorschlag nicht nur dem Gesetz, es sei auch „ethisch nicht zu vertreten“, die befruchteten Eizellen ohne Zustimmung der biologischen Eltern anderweitig zu verwenden.

In Deutschland hingegen ist das Einfrieren von befruchteten Eizellen nach dem Embryonenschutzgesetz verboten. „Um dieses Verbot zu umgehen, ist man bei uns dazu übergegangen, die Eizellen im Vorkernstadium einzufrieren“, erklärte Dorothee Schröter, Laborleiterin beim Deutschen Institut für Reproduktionsmedizin in Bad Münster. Das deutsche Gesetz läßt hier eine Lücke, denn erst mit dem Verschmelzen der Zellkerne von Ei und Samen greifen die gesetzlichen Vorschriften. Nach Angaben von Schröter werden in gut der Hälfte der über 60 Fortpflanzungskliniken Eizellen eingefroren, in die zwar eine Samenzelle eingedrungen ist, aber die Kernverschmelzung noch nicht stattgefunden hat. Eine Vorgabe, wie lange die Zellen aufbewahrt werden dürfen, gibt es nicht, über ihren Verbleib sollte aber, so Schröter, nach drei bis vier Jahren entschieden werden. Wolfgang Löhr

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