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Schlüsselfertige Bauingenieure

Zwei Hochschulen in Karlshorst kämpfen um die Ausbildung von Bauingenieuren: Die Berufsakademie darf ausbilden, obwohl sie gar keine Bauprofessoren hat. Die FHTW darf nicht, obwohl sie die Profs gratis bekäme  ■ Von Christian Füller

Der gehobene Nachwuchs auf den Baustellen soll eine bessere Ausbildung bekommen. Soviel steht fest. Aber nun streiten sich zwei Hochschulen um die Bauingenieure. Die umstrittene Berufsakademie in Karlshorst darf einen neuen Studiengang für „Bau-Ings“ einrichten – muß sich dafür aber Kritik gefallen lasssen. Gleichzeitig hat der Senat einen neuartigen Ingenieurskurs an der benachbarten Fachhochschule für Technik und Wirtschaft gestoppt. Das Durcheinander ist perfekt.

Professor Manfred Tzschätzsch ist „empört“. Der Dekan der Bauingenieure an der modernsten Berliner Fachhochschule, der Karlshorster FHTW, hatte beim Wissenschaftssenator einen neuen Studiengang angemeldet, der das bauliche Wissen mit dem vom Management kombiniert. Auch ein Facharbeitskreis aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik schlägt ein solches Berufsbild des „Innovationsassistenten Bau“ vor. Die Baubranche ist sogar bereit, an der FHTW zwei dreijährige Professuren zu stiften. Allein Wissenschaftssenator Peter Radunskis (CDU) Fachbeamte wollen den Studiengang nicht genehmigen.

Hees: Berufsakademie bildet „schmalspurig“ aus

Tzschätzsch beschwerte sich, auch das half nichts. Radunskis Adlati hätten ihr Nein bekräftigt. Die Wissenschaftsverwaltung bestreitet indes, daß ihr Veto endgültig sei. Es werde geprüft, so Sprecher Frank Balzer. Die Berufsakademie ist da fein raus. Die Berufsschule mit wissenschaftlichem Anspruch hat einen neuen Studiengang Bauingenieurwesen trotz schleppender Anfangsnachfrage durchbekommen.

Das Problem der nach dem dualen Prinzip arbeitenden Hochschule: Die in der Baukammer organisierten Bauingenieure finden, der angebliche Karrierepfad sei „schmalspurig“. Was werde, so will Kammerpräsident Gebhard Hees wissen, mit den „sehr speziell ausgebildeten“ Dreijahres-Ingenieuren, wenn sie der Arbeitgeber nicht übernehme? „Man kann die Leute nicht mehr universell einsetzen“, wiederholt der Präsident von 1.500 Bauingenieuren eine Kritik, die Wissenschaftskreise der Berufsakademie seit ihrer Gründung 1993 entgegenbringen. Das Lieblingskind des ehemaligen Wissenschaftssenators Manfred Erhardt verbindet das duale Ausbildungsprinzip mit dem akademischen: Betriebe stellen die „Studenten“ ein und schicken sie zum sechssemestrigen Studium an die Akademie. In den Semesterferien wird im Betrieb malocht.

Die Studiengänge der Berufsakademie werden praktisch von der Wirtschaft selbst entworfen. Beispiel Bauingenieurwesen: Tiefbauexperten der Berliner Wasserbetriebe und die Hochbauer vom Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg schrieben an dem neuen Studiengang entscheidend mit. Auf seiten der Berufsakademie verhandelte ein Maschinenbauer – einen Bauingenieur mit Professur gibt es dort noch gar nicht.

Ungebremster Einfluß der Wirtschaft

Der ungebremste Einfluß der Wirtschaft führt nun unter anderem dazu, daß die Berufsakademie künftig Ingenieure für „schlüsselfertiges Bauen“ auf den Markt werfen wird. Solcherart „Ingenieure“ fehlten in der Branche, meint Peter Tesmer vom Potsdamer Bauindustrieverband. Schlüsselfertig-Ingenieure müßten viel von Organisation und etwas von „den verschiedensten Gewerken verstehen“. Wer könnte das besser als die vorläufig gestoppten „Innovationsassistenten Bau“ der Karlshorster FHTW? Manfred Tzschätzschs Wirtschaftsingenieure büffeln Baustellencontrolling, Projektmanagement, Baustellenkommunikation.

Selbst Peter Tesmer gesteht ein, daß der Bauingenieursstudiengang der Berufsakademie in seinem Verband „keine Euphorie“ ausgelöst habe. Nur fünf der 28 erwarteten Akademie-Bauschüler werden aus seinen Mitgliedsfirmen kommen. Sein Verband sehe in der Akademie „kein Allheilmittel“, um den Bedarf an Ingenieuren zu decken, sagte Tesmer. Aber Unis und FHs müßten dringend ihre Studiendauer verkürzen; sie beträgt in der Regel zwischen vier Jahren (an der FH) und sechs Jahren (an der Uni), die Berufsakademie vergibt ihre Diplome nach drei Jahren.

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