piwik no script img

Chance vertan

■ betr.: „Bioethik-Resolution in Straßburg gescheitert“, taz vom 20./21. 7. 96

Fassungslos und entsetzt haben BürgerInnen letzte Woche mitansehen müssen, wie eine Mehrheit von Euro-ParlamentarierInnen das Vertrauen des europäischen Wählervolks miserabel lohnten: mit Desinteresse und Inkompetenz gegenüber der Konvention zu Menschenrechten und Biomedizin (Bioethik-Konvention).

Hier wurde die Chance vertan, den allzu lobbyfreundlichen Entwurf streng und demokratisch zu rügen und mit einer Parlamentsresolution vor aller Augen bloßzustellen als das, was er nach wie vor ist: einer jener „Dämme aus Gesetzeslöchern“ (Ulrich Beck), mit denen allüberall Sonderwege gepflastert werden, an deren Ende die Verkehrung von bislang gültigem Recht in eindeutiges Unrecht steht. Welche Herausforderung jetzt für das Votum der Parlamentarischen Versammlung des Europarates im September!

Denn nun wissen es alle: Auch das Europaparlament findet es offenbar mehrheitlich o.k., was Verfassung und Gesetze verbieten: daß ohne therapeutischen Nutzen mit Menschen geforscht wird, die nicht zustimmen können, daß es keinerlei Datenschutzregelung für Gentests geben soll, daß massenhaft an Embryonen geforscht werden kann, die bei künstlicher Befruchtung anfallen.

Nach Wunsch und Willen der deutschen Europaabgeordneten Evelyne Gebhardt (SPD) sollen sei beim ersten Durchgang der als Versagertechnik bekannten IVF (In-vitro-Fertilisation: oft nur 20 Prozent Schwangerschaften) eingefroren werden. „Um den Frauen die mehrfache Prozedur der Eientnahme zu ersparen ...“ Frauenfreundlich oder forschungsfreundlich? Nichts freut die Forschungslobby mehr als dieses Embryonen- Ernte-Signal. [...] Ursel Fuchs, Düsseldorf,

Wilma Kobusch, Gelsenkirchen,

Erika Feyerabend, Essen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen